Olly Schmidt nimmt mit seinem Kumpel Ole „Shibby“ Kuhlmann sein neues Album in Berlin auf. Fotos: Cremadecrema
news November 2019 | Kultur | 35
akzeptiert es, aber es gibt immer noch die Leute,
die schwul als Schimpfwort benutzen. Die
Christopher-Street-Days (CSD) haben dieses Jahr
geboomt, aber es gibt immer noch Menschen,
die das als Krankheit ansehen. Politisch sind wir
schon sehr weit, gesellschaftlich ist noch viel zu
machen. Wenn ich jetzt einen Freund hätte und
mit dem durch Minden gehen würde, würde ich
mir zweimal überlegen, ob ich den küssen würde
oder nicht. Es kommen halt immer noch Blicke,
Sprüche bis hin zu Handgreiflichkeiten. Solange
es das noch gibt, ist ein CSD auch noch wichtig.
Was hält dich hier in der Region?
Das frage ich mich auch immer. Vielleicht weil
mich hier alle kennen, besonders wenn ich auf
der Arbeit im Marktkauf in Rinteln bin. Die gucken
nicht mehr wegen meinen Tattoos oder wegen
meines Barts, die wissen: Das ist der Olly und der
Olly, der weiß, wo die Butter liegt. Und das ist gut
so. Aber ich finde es auch cool, mal in die Großstadt
zu fahren und ein bisschen auszuspannen.
Aber da fällst du ja auch gar nicht mehr auf und
bist schon fast ein Standard-Typ?
Ja, da falle ich null auf. Da sind richtig krasse Leute
unterwegs, zum Beispiel Gothik-Typen mit richtig
hohen Plateausohlen. Es kann aber auch sein,
dass ich irgendwann sage: Pass auf, ich geh jetzt
nach Köln. Da kann ich mit meinem Freund durch
die Stadt gehen und es interessiert keine Sau.
Ich habe aber auch mal gehört, dass man hier
in der Region sehr schlecht einen Partner findet.
Kennst du einen, kennst du alle. Die fliehen ja
auch in die Großstädte, weil sie hier auf dem
Dorf nicht akzeptiert werden. Man hat auch erst
mal mit sich selbst zu kämpfen, dann sagt man
es den Eltern und hinter der Scheibe gucken die
Nachbarn. In der Großstadt kannst du besser
weggehen und andere Leute aus der Community
treffen, denen es genauso geht. Es heißt ja nicht,
dass man nicht wiederkommen kann.
Ab und zu machst du ja auch Ausflüge ins
Showbusiness. In welchen TV-Shows warst du
schon überall?
Das hat angefangen mit „Wer wird Millionär“
2009. Dann kam „Crash-Games“, das war so was
wie Takeshi‘s Castle, dann „17 Meter“ mit Joko
und Klaas, dann „Null gewinnt“ auf ARD. Dann
„Knallerfrauen“, „Deutschland sucht den Superstar“
(DSDS), „Get the F*ck out of my House“,
dann gab es noch ‘ne Show mit Oliver Geißen.
Und ich glaube, ich habe noch was vergessen.
Ah, ja: „Ruck zuck“, also die Neuauflage.
Was zieht dich immer
wieder ins Fernsehen?
Ich will einfach gern
mal weg von der Info
und der Kasse im
Marktkauf und ein
Abenteuer erleben.
Und natürlich ist es
auch cool, danach
von den Leuten angesprochen
zu werden.
Man hat was zu
erzählen.
Macht das süchtig, in
TV-Shows zu gehen?
Mich irgendwie schon.
Ich finde das cool, diese
Erfahrung zu machen.
Als ich bei DSDS
war, kamen am nächsten
Tag die Kiddies zu
mir an die Info und
wollten Fotos mit mir
machen. Außerdem bin
ich durch DSDS das
erste Mal in meinem
Leben geflogen, nach
Dubai. Da wäre ich ja
sonst nie hingekommen.
Bist du nicht auch schon ein sehr bekanntes
Gesicht und alle denken: Der schon wieder?
In verschiedenen Kreisen schon. Aber ich habe mich
wieder für etwas Neues beworben, aber dazu darf
ich noch nichts sagen. Ich will halt zeigen: Es wird
Zeit, dass im Fernsehen nicht nur diese Lackaffen
auftreten oder Frauen mit aufgespritzten Lippen,
sondern echte Charaktere. Und es wird Zeit, dass
sich TV-Shows anpassen. Warum sollte ein Adam
nur eine Eva suchen? Ich habe RTL angeschrieben
und vorgeschlagen, Adam sucht Adam zu produzieren.
Aber da kam bis heute keine Antwort.
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