„Ich möchte zeigen, dass es auch anders geht“
Interview: Entertainer und Sänger Olly Schmidt aus Bückeburg im Gespräch mit news – Das Magazin
Von Nadine Schwan
Tattoos, Make-up, zweigeteilter Ziegenbart: Sänger
Olly Schmidt aus Bückeburg fällt auf und liebt es,
sich in den verschiedensten TV-Shows zu zeigen.
Doch hinter der Fassade des bunten Vogels steckt
auch eine Botschaft. Im Februar bringt der Musiker
sein zweites Album „Harte Zeiten“ heraus.
Hallo Olly, vor ein paar Monaten hast du eine künstlerische
Pause eingelegt, was machst du jetzt?
Ich habe in der letzten Zeit viel Input gesammelt,
angefangen mein zweites Album zu schreiben und
nehme das seit Mitte September auf. Das mache ich
zusammen mit meinen Kumpel Ole „Shibby“ Kuhlmann
in Berlin, den ich seit zehn Jahren kenne. Er
hat auch schon die Instrumentale für mein erstes
Album gemacht und unterstützt mich mit dem Aufnahmeprozess,
von der Buchung bis zum Booklet.
Wie oft bist du jetzt immer in Berlin?
Wir versuchen das alle zwei bis drei Wochen zu machen,
wegen der Arbeit kann ich ja nicht immer weg.
Dann nehmen wir aber auch in Zwölfstunden-Sessions
drei Songs auf. Zwölf Lieder sollen am Ende auf das
Album kommen und die ersten sind auch schon fertig.
Warum heißt das Album „Harte Zeiten“?
Weil es inhaltlich um meine Erfahrungen und Erlebnisse
des letzten Jahres geht. Inhaltlich soll es
Leute ansprechen, die in irgendeiner Art
und Weise etwas Ähnliches erleben und
denen ich irgendwie sagen kann „Du
bist nicht allein“. Klingt komisch,
aber wenn auch nur eine Person
zu mir ankommen würde und
sagt: „Hey, dieser oder jener
Song hat mir Mut gemacht und geholfen“, dann hat
dieses Album seinen Zweck erfüllt.
In welche Richtung geht das neue Album?
Das neue Album ist an die 80er angelehnt. Dieses
Mal sind weniger E-Gitrarren dabei, dafür mehr
Synthesizer. Es wird poppiger und tanzbarer und
weniger punkig. Es gibt auch einige ruhige Songs,
bei denen ich nicht so laut sein durfte. Das war
auch eine gute Erfahrung.
Warum dieser Wandel?
Ich hatte ja schon immer ein Faible für die 80er.
Ich bin Baujahr 80 und habe 85 durch meinen
sieben Jahre älteren Bruder viel mitbekommen,
sei es die Musik von Paul Young, Kim Wilde, Duran
Duran, die Filme oder den Style. Ich finde außerdem
wichtig, dass man sich als Künstler immer
weiterentwickelt. Noch ein Album mit diesem Freak
Gedöns – auch wenn es zu mir passt und sicherlich
weiter ein Bestandteil bei Liveauftritten sein
wird – wollte ich nicht machen. Ich sehe mich aber
weiter als Entertainer und Performer, der die Leute
unterhalten will. Es gibt nur ein bisschen weniger
Kunstblut und ich habe ein bisschen mehr an.
Du bist gern stark geschminkt, trägst auffällige
Kleidung. Was ist die Botschaft dahinter?
Ich möchte zeigen, dass es auch anders geht.
Die Männer müssen nicht immer Muckis haben
und die Frauen nicht immer große Brüste.
Ich stehe für die Leute, die ein Außenseiter
sind, die anders sind, denen egal ist, was andere
von einem denken. Wenn mir jetzt einer sagt
„du Schwuchtel“, dann führt das dazu, dass ich
mir beim nächsten Mal nur noch mehr Lidschatten
drauf mache. Ich möchte mich einfach nicht mehr
anpassen, um anderen zu gefallen. Mir hat auch
mal jemand gesagt, dass ich geschminkt niemals
auf den Titel der News komme würde. Und jetzt
freue ich mich sehr, dass diese Person dumm aus
der Wäsche gucken wird.
Wie ist dein Eindruck zu dem Thema. Ist es
einfacher geworden, mit Homosexualität
offen umzugehen oder eher nicht?
Es ist immer noch schwierig. Man
wird eher als sexualisierte Person
wahrgenommen und nicht als
die Person im Gesamten, die
man wirklich ist. Die Mehrheit
34 | news November 2019 | Kultur