70 | news Februar 2020 | Lifestyle
Hundetrainerin Julia Fuhrmann mit ihren
Hunden Blue und Seven. Foto: Andreas Lehrke
Julia Fuhrmann aus Minden ist Hundetrainerin. Mit dem
Projekt „Stadthunde Minden“ möchte sie Menschen
und ihren Hunden helfen, einander besser zu verstehen.
Seit wann bist du als Hundetrainerin aktiv?
Ich bin seit nun fast zehn Jahren selbstständig, habe
aber schon als Schülerin in einer Hundeschule ausgeholfen
und Kurse begleitet.
Was fasziniert dich an Hunden?
Kurze Antwort: Einfach alles. Lange Antwort: Hunde sind
hochintelligente soziale Lebewesen, die in komplexen
sozialen Gemeinschaften leben, genau wie wir Menschen.
Der Hund war das erste Haustier des Menschen,
und er hat es nicht nur bis auf unsere Sofas, sprich in
unsere Familien geschafft, sondern kooperiert auch in
vielen Bereichen mit uns. Hunde begleiteten uns früher
vor allem bei der Jagd. Heute gibt es unzählige Einsatzbereiche.
Sie erschnüffeln neben Sprengstoff, Drogen
und Bargeld inzwischen Krebs, dienen als Diabetes-
oder Epilepsie-Warnhunde oder als Assistenzhunde
für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Außerdem
hat sich der Hund im Laufe der Domestikation
stark an das Zusammenleben mit uns angepasst. Eine
Studie belegt sogar, dass die Muskelpartie um die Augen
des Haushundes sich im Vergleich zum Wolf verändert
hat. Somit ist der Hund in der Lage, seine Augenbrauen
zu heben, sprich den berühmten Hundeblick
aufzusetzen und ihn auch bewusst einzusetzen (Quelle:
Fachjournal „Proceedings of the National Academy of
Sciences“).
Unterichtest du in deinem Unterricht eher die Hunde
oder ihre Halter?
Selbstverständlich die Halter. Der Mensch muss lernen,
wie er das Verhalten seines Hundes beeinflussen
oder verändern kann,
wie er seinem Hund etwas
beibringt und vor allem muss
man lernen, die Sprache der
Hunde zu verstehen.
Gibt es Fehler, die du bei
Hundehaltern immer wieder
beobachtest?
Wir reden zu viel und
sagen dabei zu wenig.
Viele Menschen gehen davon aus, dass der Hund
mit der genetischen Veranlagung geboren wurde, die
deutsche Sprache zu verstehen. Der Hund wird einfach
gerufen, und wir erwarten, dass er kommt, oder ihm
wird einfach ein Signal wie „Aus“ an den Kopf geworfen,
ohne dass es vorab trainiert wurde. Woher soll der
Hund wissen, was diese Worte bedeuten? Und selbst
wenn der Hund bereits gelernt hat, auf ein bestimmtes
Signal zu reagieren, machen wir ihm manchmal das Leben
unnötig schwer mit Sätzen wie: „Mach schön Sitz,
Bello. Ich habe doch gesagt, du sollst Sitz machen!“ Ich
übersetze mal in Hundesprache: „Bla bla bla Sitz Bello.
Bla bla Sitz, bla!“ Hunde kommunizieren primär über
Körpersprache. Daher haben
es Menschen, die
ein gutes Körpergefühl
haben und sich
ihrer Körpersprache
auch bewusst sind,
deutlich leichter
bei der
Hundeerziehung. Wer diese Fähigkeit nicht hat, kann
sie erlernen und sollte das auch tun. Denn nur wenn
wir körpersprachlich authentisch kommunizieren,
kommt das Gesagte auch beim Vierbeiner an.
Sprichst du privat Fehlverhalten bei fremden Menschen
gegenüber ihren Hunden konkret an?
Jain. Das kommt immer auf die Situation an. In der Regel
habe ich nicht das Bedürfnis, fremde Menschen auf
der Straße zu belehren. Es wäre auch nicht besonders
lukrativ für mich, permanent gratis Tipps abzugeben.
Wenn ich allerdings sehe, dass sich jemand seinem
Hund gegenüber sehr unfair verhält oder ich davon
ausgehe, dass eine Situation eskaliert, dann kann ich
mich nicht immer zurückhalten.
Gibt es etwas, dass die Stadt für Hunde in Minden verbessern
könnte?
Die Abschaffung der Rasseliste und die der damit verbundenen
extrem hohen Steuer für Listenhunde. Außerdem
wären Freilaufgebiete natürlich eine immense
Verbesserung, und ich glaube, ich spreche da für viele
Hundehalter in Minden.
Weißt du, welche Hunderassen in Minden besonders
stark vertreten sind?
Nope, das kann ich absolut nicht sagen.
Hast du noch Ziele und/oder Wünsche als Hundetrainerin?
Wenn es um Wünsche für die Hunde geht, dann verweise
ich auf die vorletzte Frage. Geht es um Wünsche
für mich, dann muss ich tatsächlich sagen, dass ich
wunschlos glücklich bin. Ich darf jeden Tag genau das
tun, was mir am meisten Spaß macht. Ich darf
Menschen helfen, ihre Hunde besser
zu verstehen und bin zudem
täglich mit vielen tollen Leuten
und ihren Fellnasen zusammen.
Mehr Infos gibt es unter
stadthunde-minden.de
Auf den Hund gekommen
Interview: Julia Fuhrmann verbessert die Kommunikation zwischen Vierbeinern und ihren Haltern.