Als Newcomer kann man den Mindener Songwriter Herr Schoen wirklich nicht mehr bezeichnen. Erst im März 2019 ist er fünfzig geworden und seit seinen ersten Bühnenerfahrungen Ende der 80er Jahre war er schließlich immer irgendwie musikalisch aktiv. In den letzten Jahren trat er verstärkt als Solo-Künstler mit eigenem Material auf. Mit Akustikgitarre, aber auch elektrisch verstärkt. Dass bei 30 Jahren Songwriting eine durchaus ansehnliche Menge an Songs zusammen gekommen ist, verwundert daher nicht.

Verwundert zeigten sich allerdings in der Vergangenheit viele seiner Zuhörer darüber, dass es von ihm noch kein Werk zu kaufen gab. Und so musste der Zufall ein bisschen nachhelfen. Mehr aus Spaß veröffentlichte er einen Videoschnipsel des zu dem Zeitpunkt noch unfertigen Songs „Underneath the Cherry Tree“ auf Instagram. Das wiederum sah Ole „Shibby“ Kuhlmann und zeigte sich sofort begeistert. Kennengelernt hatten sich beide ursprünglich beim Weserlieder Open Air, wo Kuhlmann 2016 mit seiner Band „Wet Beach“ aufgetreten war. Und so wie Kuhlmann Herrn Schoen weniger als Musiker auf dem Schirm hatte, war dem wiederum nicht bewusst, dass der Gitarrist aus Hameln inzwischen in Berlin lebt und sich dort als Produzent und vor allem als Mastering Engineer einen Namen macht.

 

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Θα ‘ναι καλά 😊

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Man verabredete sich schließlich einfach mal unverbindlich Anfang März im Wet Beach-Proberaum in den Bückeburger Kronenwerken, um besagten „Cherry Tree“ aufzunehmen. Als schließlich nachts um halb zwei der inzwischen zehnte Track ausklang, wussten beide, dass aus dem „schnell mal aufgenommenen“ Song etwas Größeres geworden war. Ein paar Tage später nahm Herr Schoen erstmals das Wort „Album“ in den Mund. Es dauerte allerdings ein wenig, bis der Songwriter merkte, dass die Aufnahmen zwar ein gutes Spiegelbild seiner Live-Konzerte abgaben, er aber doch den Wunsch spürte, auf seinem „Erstling“ mit einem deutlich variableren Sound aufzuwarten.

So entstanden im Pingpong-Verfahren zwischen Minden und Berlin immer mehr Songs. Herr Schoen lieferte das Rohmaterial, Kuhlmann sichtete, bearbeitete und brachte seine eigenen Ideen ein. Anfang November nahm Herr Schoen dann noch mal für einen großen Teil der Songs den Gesang neu auf. Dann wurde die finale Auswahl getroffen, welche Songs auf das Album sollten. Kuhlmann machte sich an die Arbeit und als das Mastering Ende November abgeschlossen war, waren sich beide darin einig, dass sie sich offensichtlich gegenseitig zu Höchstleistungen angetrieben hatten.

 

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#feuerfrei @shibbstertweets #masterofmastering #hachistdasaufregend

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Vierzehn Tracks haben es am Ende auf das Album geschafft – darunter ein instrumentales Intro und ein Outro in griechischer Sprache. Über fünfzig Minuten Musik. Der Fotograf Klaus von Kassel setzte das Motto des Albums, dass jeder Musiker oftmals selbst sein kritischster Beobachter ist, perfekt um, und das Artwork von Liane Hellmund spiegelt hervorragend wieder, dass Herr Schoen auf der einen Seite dem klassischen Songwriting nahesteht, auf der anderen aber für Experimente immer zu haben ist.

Doch was gibt es eigentlich zu hören? Die vierzehn Songs des Albums sind nicht nur musikalisch weit gefasst, sondern auch zeitlich. Während „Boy“ oder „Look into the Mirror“ bereits aus den frühen 90ern stammen, entstand „Been to Nowhere“ in allerletzter Sekunde. Und bei seinem ersten Lied in griechischer Sprache half Schoens Freund Pavlos Chalkidis ihm spontan bei der Erstellung des Textes aus.

Und worum drehen sich die Songs auf dem Album? Einfach gesagt: um schlaflose Nächte, spannende Begegnungen und aufregende Reisen. Es sind viele verschiedene Erfahrungen, die Herr Schoens Debüt „Two Sides of a Coin“ zu einem ehrlichen Album machen. Der Songwriter unterschlägt dabei weder die schlechten Tage, noch verschweigt er seine eigenen Fehler. Denn die machen wir schließlich alle, wenn wir das tun, wozu wir eigentlich hier sind. Gemeint ist natürlich: Leben!

„Two Sides of a Coin“ ist ein Plädoyer für dieses Leben. Für die glänzende und euphorische Seite, aber eben auch für die dunklen und schmutzigen Aspekte. Und es ist noch mehr: ein Appell, den alltäglichen Hass auf irgendwen oder irgendwas ein für alle Mal in den Müll zu befördern!

 

Herr Schoen
Singer-Songwriter Herr Schoen. Foto: Klaus von Kassel

Der Energielevel auf „Two Sides of a Coin“ ist vom ersten bis zum letzten Ton hoch. Neben krachenden Tracks wie „Look into the Mirror“ oder „Too Many Like You“ verbreiten andere, geradezu verletzlich arrangierte Songs durchaus etwas Melancholie, wie zum Beispiel das im Nachgang des Besuchs der beiden griechischen Flüchtlingslager in Idomeni und Katzikas entstandene „A Piece of Plastic“. Traurig ist das Album deswegen aber nicht. Viele Songs verbreiten eine große Portion Optimismus und wenn Herr Schoen in der Mitte des Albums in „Just the Way I feel“ klarstellt, dass er bei aller Grübelei ein lebensfroher Mensch ist, dann wird sein Plädoyer für das Leben spätestens an dieser Stelle hörbar.

Die musikalische Bandbreite ist dabei enorm groß. Mal tönt es akustisch, dann auf einmal jazzig-bluesig und im nächsten Moment beherrschen wütend beißende Stromgitarren den von „Shibby Kuhlmann“ meisterhaft gewobenen Sound, der gleichzeitig immer irgendwie vintage und doch sehr modern klingt.

Zwar sind Herr Schoens musikalischen Einflüsse auch auf „Two Sides of a Coin“ hier und da noch ein wenig hörbar: Mit dem Album haben er und Kuhlmann aber seinen eigenen Sound gefunden. An einer Stelle ist die Nähe zu einem musikalischen Vorbild aber gewollt. Im einzigen Cover-Song, dem wunderschönen „Accordingly“ des leider bereits 2005 verstorbenen amerikanischen Bluesmusikers Chris Whitley, ertönt natürlich standesgemäß die Resonatorgitarre.

„Two Sides of a Coin“ bietet dem Zuhörer reichlich unverfälschte Emotionen. Und das ist auch durchaus gewollt, denn nur wenn die Hörer wirklich etwas empfinden, kommt die Musik dort an, wo sie hin soll: in ihren Herzen.
Und genau da gehört „Two Sides of a Coin“ auch hin.

 (Text: PR)

 

Cover

Herr Schoen
 – Two Sides of a Coin
Release: 20.12.2019
Produktion, Mix & Master: Ole „Shibby“ Kuhlmann
Arrangements: Herr Schoen & Ole „Shibby“ Kuhlmann

Das Album erscheint online (iTunes, Spotify, Google Music, Amazon etc.) und als CD. Die CD kann im MediaMarkt in Barkhausen, im Bücherwurm in Minden, bei Amazon oder über Herrn Schoen bezogen werden.

Weitere Informationen:
www.herrschoen.de