Von Andrea Williams

Während derzeit viele Musiker pandemiebedingt Trübsal blasen, starten die Lunauten nun richtig durch. Das Alternative-Rock-Trio aus Porta und Hiddenhausen besteht aus Sänger und Gitarrist Alexander Niessig (26), Schlagzeuger Marc Wurzel (25) sowie Bassist Tobias Wittenbreder (24). Mitte November haben sie ihre erste Single „Bonjour, Guten Tag!“ samt Video veröffentlicht und musikalischer Nachschub steht bereits in den Startlöchern. Frontmann Alexander gab news – Das Magazin pünktlich zum Release ein Interview.

Ihr bezeichnet Euch als innovative Alternative-Rock Band: Ist echte Innovation in der Musik heute noch möglich?

Innovation ist generell möglich, wenn man sich selbst keine (Genre-)Grenzen setzt. Das erfordert allerdings Mut. Die strikte Einordnung in ein Genre ist komfortabel. Man kann aber den Blick über den Tellerrand nutzen und sich von anderen Musikrichtungen beeinflussen lassen. Die Innovation bei uns besteht darin, dass wir jeden Song neu angehen. Alle Tracks sind aus einem Guss, jeder Song hat aber dennoch seine Eigenständigkeit im Klangbild.

Wie viele Songs habt Ihr schon fertig?

Circa zehn. Wir wollen nun regelmäßig einzelne Songs veröffentlichen.

Und das läuft dann vermutlich auf eine EP oder ein Album hinaus?

Vielleicht (lacht).

Von links: Alexander Niessig, Tobias Wittenbreder und Marc Wurzel sind die Lunauten. Foto: Max Zdunek

Wie läuft das Songwriting bei Euch ab?

Es gibt keine klaren Zuständigkeiten. Das Projekt Lunauten existiert schon etwas länger. Unser Schlagzeuger Marc und ich gründeten es vor ziemlich genau zwei Jahren. Ich schrieb die meisten Texte, Marc hat auch einen Text beigesteuert. Die Musik ist zusammen im Proberaum entstanden. Es war ein sehr organischer und gleichberechtigter Vorgang. Unser Bassist Tobi kam erst vor einem Jahr dazu. Wir suchten sehr lange nach einem Bassisten, da es nicht einfach ist, jemanden zu finden, der mit Leidenschaft hinter seinem Instrument steht und dann auch noch gut ist. Auch zu dritt verfolgen wir das gleiche Prinzip: Jeder ist gleichberechtigt und soll seine eigenen Einflüsse mit einbringen. Erst das macht uns zu einer Band. Die Lunauten sind kein Soloprojekt.

Seid Ihr in Euren alten Bands noch aktiv?

Marc und ich spielten gemeinsam bei Wet Beach. Die Band nimmt eine längere Auszeit, ist aber noch nicht auf Eis gelegt. Mit Marc mache ich bereits seit 2011 Musik. Damals hatten wir das Projekt Leet. Zeitweise spielte ich auch in der Hip-Hop-Kombo Panorama & die schöne Aussicht. Vergangenes Jahr hatten wir als Liveband einige schöne Auftritte. Die Lunauten sind Tobis erste Band. Mittlerweile fühlt es sich so an, als ob er schon immer da gewesen wäre. Er hat einen coolen Drive und hält uns irgendwie ein bisschen zusammen, weil Marc und ich zwei Extreme sind.

Wie kam es zu Eurem Bandnamen?

Der Name stammt von Marc. Wir wollten eine Assoziation zum Weltraum, weil wir das schön fanden und irgendwie mit Musik verbanden. Das muss nicht automatisch bedeuten, dass die Musik total sphärisch klingt. Es geht mehr um den Gedanken, dass man im All total frei und abgekapselt ist. Und das Wort Lunauten ist tatsächlich, wie mein Vater mir neulich mitteilte, die schweizerdeutsche Übersetzung für Astronaut. Der Mond war für uns naheliegend, da er das einzige Objekt im All ist, was von der Erde aus im erkennbaren Sichtfeld liegt, und einfach was Faszinierendes hat. Unsere Vorstellung von Kosmos und Unendlichkeit wird mit dem Namen Lunauten greifbar.

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Seit Corona habe ich den Eindruck, dass sich einige Musiker entmutigt fühlen. Woher nehmt Ihr die Energie, ausgerechnet jetzt was Neues zu starten?

Dazu habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Durch Corona hat sich gar nicht so viel an unserem Releaseplan verändert. Marc war für mehrere Monate in Südostasien unterwegs und kam erst im Februar wieder. Nach seiner Rückkehr hatten wir eine Probe und dann kam der Lockdown. In der Zeit hatten wir schon sehr viel geplant. Uns war bewusst, dass wir als neue, noch unbekannte Band nur schwer an Auftritte kommen. Mit einem vernünftigen Internetauftritt möchten wir so viele Leute wie möglich generieren. Nach dem ersten Lockdown trafen wir uns wieder zum Proben und hatten Fotoshootings. In den letzten Monaten drehten wir Videos. Heute kommt das erste Video zur ersten Single. Natürlich ist es jetzt eine total komische Situation, dass man gar keine Auftritte spielen kann, damit das Ganze dreidimensional wird. Wir können, glaube ich, über das Internet gar nicht ausdrücken, wie sehr wir uns freuen, dass das Projekt nun richtig startet. Andererseits ist es vielleicht auch eine Chance für uns, dass die Leute dank der Einschränkungen mehr als üblich am Handy hängen und dort unsere Musik hören können. Es ist einfach ein superschönes Gefühl, wenn unsere Musik und somit die Arbeit daran wertgeschätzt wird und was zurückkommt: Sei es ein Kommentar auf unserer Seite, ein Repost oder sonstiges.

Heute erscheint Eure erste Single „Bonjour, Guten Tag!“. Bei der Umsetzung des dazugehörigen Videos wurdet Ihr von create music NRW unterstützt. Wie kam es dazu?

Das lief über unseren Schlagzeuger Marc. Die Förderung wurde ausgeschrieben, wir schickten einen Antrag hin, und sie meldeten sich relativ schnell zurück und sagten uns finanzielle Unterstützung zu. Darüber haben wir uns natürlich riesig gefreut, da so ein Videodreh natürlich sauteuer ist. So konnten wir das ganz entspannt umsetzen.

Wer hat das Video gedreht?

Max Zdunek, ein Bekannter der mit uns befreundeten Band Kid Dad aus Paderborn. Er hat mit uns die ersten beiden Videos gedreht. Es macht total Spaß mit ihm, weil die Arbeit sehr locker auf einer freundschaftlichen Ebene abläuft. Max hat ein Wahnsinnsgespür und ein Auge für Videos. Das finde ich beeindruckend. Für das erste Video hat er uns acht Stunden lang gefilmt, wie wir ausrasten. Er hatte dann die schwere Aufgabe, das Ganze auf zwei Minuten zu packen, da der Song nicht viel länger ist. Das hat er grandios hingekriegt. Ein ganz fantastischer Videograf.

Euer Auftreten wirkt sehr durchdacht: Presseanschreiben, parallel Facebook, Instagram, Twitter, YouTube füttern. Hattet Ihr eine Art Coaching?

Wir hatten kein Coaching. Die Vorgehensweise beruht auf unseren Erfahrungen. So professionell sind wir eine Band noch nie angegangen. Für uns alle ist es der Traum, eines Tages mit Musik Geld zu verdienen. Wir spüren in der Gruppe, dass das was werden kann, da wir gutes Material haben und als Typen gut funktionieren. Neben den alltäglichen Pflichten nehmen wir das Projekt ernst. Es soll nicht im Sande verlaufen. Viele junge Bands scheitern nach anfänglicher Begeisterung und Aufregung an den schulischen und beruflichen Laufbahnen einzelner Mitglieder und unterschätzen den großen Arbeitsaufwand, den ein ambitioniertes Bandprojekt mit sich bringt … Wenn der Zusammenhalt fehlt, wird es schwierig. Das ist superschade. Es ist unser oberstes Ziel, so was zu vermeiden.

 

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Wie sieht Euer beruflicher Background aus?

Wir haben in unterschiedlichen Bereichen eine Ausbildung oder ein Studium. Tobi studiert Biologie. Ich bin Sprachtherapeut und Gesangspädagoge. Vergangenes Jahr schloss ich meine Ausbildung ab und lernte da viel über das Musikmachen und das Singen. Marc studierte Populäre Musik in Paderborn und hat dabei natürlich extrem viel aus diesem ganzen Kosmos der Musikindustrie mitgenommen. Das Wissen fließt nun in unsere Arbeit ein. Im Proberaum nahmen wir alle Songs mit den vorhandenen Geräten selbst auf. Das Einzige, was wir uns geliehen haben, waren vernünftige Mikrofone. Ich habe die Songs produziert und gemischt. Warum einen Batzen Kohle in die Hand nehmen, wenn man das auch selbst machen kann? Zusammenfassend kann man sagen, dass wir alle bestimmte Eigenschaften mitbringen, mit denen wir das Ganze bis jetzt aufziehen konnten. Wir hoffen, dass wir das über die nächsten Wochen und Monate professionell fortführen können.

Livekonzerte fallen ja derzeit flach. Könnt Ihr Euch Streamingkonzerte vorstellen?

Grundsätzlich schon. Bleibt natürlich die Frage, wer das finanziert. Es ist ein unglaublich großer technischer und organisatorischer Aufwand, damit das Konzert vernünftig beim Zuhörer ankommt, vor allem für eine Band. Den Verkauf von Onlinetickets für Streamingkonzerte finde ich irgendwie komisch, selbst bei so Größen wie den Foo Fighters. Erschwerend kommt hinzu, dass uns viele noch nicht kennen. Wenn wir beispielsweise abends um 7 Uhr für eine Stunde den Livestream starten, wo am Ende nur sechs Leute zugucken, wäre das bei all der Arbeit und den Kosten im Vorfeld total schade und blöd.

 

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Wie findet Ihr bestuhlte Konzerte?

Anfang Oktober spielten wir auf einer privaten Feier coronakonform ein inoffizielles Konzert mit drei anderen Bands. Das war ganz fantastisch. Unsere Stücke endlich zum ersten Mal auf die Bühne zu bringen, war sehr erlösend. Zudem war es unser erster Auftritt mit Tobi. Wir spielten all unsere neuen Songs und die wenigen Leute, die vor Ort waren, haben sich sehr gefreut. Ein totales Privileg zu dieser Zeit. Das würde ich auf jeden Fall noch mal machen. In der Vorstellung ist ein Konzert mit dem Publikum an Tischen merkwürdig, aber das ist gar nicht so schlimm oder komisch. Alle Musiker, die ich kenne, sind so auf Entzug von Konzerten, dass es ihnen, glaube ich, ähnlich ergehen würde.

Legt Ihr generell noch Wert auf Tonträger?

Von meinen Lieblingsbands hole ich mir definitiv noch die CD. Ich verschenke sie auch gerne. Das Streaminggeschäft ist der State of the Art. Die faire Bezahlung von Musikern auf den Plattformen ist eine ganz essenzielle Diskussion, die zu Recht geführt wird und geführt werden muss. Es ist, glaube ich, klar, dass es ein anderes Verteilungssystem geben muss. Die Ausschüttungen der Streamingdienste an Künstler*innen können rein rechnerisch schon gar nicht hinhauen und müssen angeglichen werden. Das steht außer Frage. Die Romantik einer CD, einer Vinyl oder einer Kassette sind eher so Undergroundgeschichten. Millennials sind von Tonträgern wohl schwer zu überzeugen. Sie sind mit dieser Einfachheit eines Smartphones groß geworden. Es wäre natürlich schön, wenn etwas davon wieder einen Hype erleben würde. Das eigentliche Produkt ist die Musik. Wenn man diese in der Hand halten kann, ist das ein schönes Gefühl.

Mehr Infos zu den Lunauten und zur aktuellen Single „Bonjour, Guten Tag!“ findet Ihr hier.