Wir schreiben das Jahr 2003. Ermutigt von der gelungenen Veranstaltung „Abschied vom Kulturcafé“ im Spätsommer 2002 und mit der Erkenntnis ausgestattet, dass dort eher kein jährliches „Revival“ stattfinden kann, nehmen vier Musiker und Kulturschaffende im Frühjahr einen anderen Ort ins Visier: die Weserpromenade am Amphitheater. Der Plan: „Wir machen da einfach mal eine schöne Party mit Livemusik und Bier.“

Der Zufall will es, dass das Welthaus ausgerechnet dort am Amphitheater an einem Samstag im Juli das Fest „Rio +11“ mit dem Thema „Wasser ist Leben!“ feiern will. Die dafür von der Stadt bereitgestellte Bühne soll bereits am Donnerstag aufgebaut werden. Irgendwie gelingt es der ambitionierten Truppe, die Bühne und auch eine Genehmigung für eine Veranstaltung zu bekommen. Die Musik kommt von der Mindener Band „The Blackbirds“, je ein Bier- und Bratwurststand ist auch schnell organisiert und auf den hastig kopierten Plakaten stehen neben dem noch etwas sperrigen Titel „Weserlieder – Stecker rein und Vollgas“ auch noch der Zusatz „Kultur ist, wenn man‘s trotzdem macht“ sowie das erste Line-up. Der 18. Juli 2003 wird somit zur Geburtsstunde der Weserlieder.

Die Veranstalter sind bescheiden und würden sich im Vorfeld über 200 Besucher freuen. Doch am Ende werden es deutlich mehr: Etwa 800 Menschen werden Zeuge dieser ersten Weserlieder-Stunden. Und die Väter der Veranstaltung werden übermütig und beschließen: 2004 geht es weiter, dann aber an zwei Tagen. Und so kommt es: Am 22./23. Juni 2004 finden die Weserlieder erstmals freitags und samstags statt.

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Das Wachstum ging allerdings eher langsam und stetig voran. Nachdem die ersten zehn Jahre ruhig verlaufen waren, gingen die Weserlieder dann in den 2010er-Jahren auf einmal durch die Decke. Der Anlass war alles andere als lustig: Ein Sturm zog auf und führte dazu, dass 2015 der komplette Samstag abgesagt werden musste. Da auch die Weserlieder-Fans die Prognose im Vorfeld gelesen hatten, überfluteten sie bereits am Freitag förmlich das Gelände. Bis in die hintersten Ecken standen die Menschen dicht gedrängt, aber gut gelaunt. Als Mandrake‘s Monster um ein Uhr ihr Set beendeten, flackerten allerdings am Horizont bereits die ersten Blitze. Das Jahr 2015 war somit voller Erkenntnisse. Eine davon: Das Gelände ist zu klein. 2016 rückten die Weserlieder daher noch dichter an das KSG-Bootshaus ran, die Bühne wurde mit dem Rücken zum Weserstadion und in Spielrichtung Weser aufgebaut.

Spätestens seit dem Umzug sind die Weserlieder eine der großen Veranstaltungen in Minden und Umgebung. Und weil Corona auch die Weserlieder zwei Jahre nicht verschont hat, wird das 20. Festival in diesem Jahr gefeiert. Mit einem Line-up, mit dem sich die Veranstalter nicht nur beim Publikum, sondern auch bei zumindest einigen Musikern bedanken wollen. Deshalb ist es 2024 Zeit für eine Ausnahme von der Regel „jede Band nur einmal“.

Der Weserlieder-Freitag

Der Opener der Weserlieder 2005 ist auch der Opener der Weserlieder 2024 am Wochenende des 19. und 20. Julis. Einlass am Freitag ist 19 Uhr, am Samstag 18.30 Uhr. Überpünktlich zum 20-jährigen Bandjubiläum präsentieren Gordonstreet ihre heutige Version der eingängigen Songs des von Fans und Kennern bis heute geschätzten Albums „Straight From Rock City“, frei nach dem Motto: Die Haare sind vielleicht grau geworden, aber verdammt, das Feuer ist noch da.

 

Gordonstreet

 

 

Bei der zweiten Band des Abends ist Frauenpower pur angesagt. Fraupaul heißt das furiose Frauentrio, das mit allerfeinstem Punkrock auf den Spuren von Deine Cousine, Blond und Ideal eine energiegeladene Liveshow inklusive Ohrwurmgarantie verspricht.

 

Fraupaul. Foto Laura Affolter

Danach wird es wieder historisch. Doctor Krapula sind wieder da. 25 Jahre auf Tour, mehr als 700 Konzerte in mehr als 15 Ländern: Minden steht zum zweiten Mal auf der Reiseroute. Noch ein bisschen historischer wird es im Anschluss. Denn die Schweden Hellsingland Underground waren die erste Band überhaupt, die aus dem Ausland anreiste, und als die Musiker im Sommer 2011 mit dicken Sonnenbrillen und coolem Bandbus in den Backstage reingefahren kamen, waren sich alle sicher: Jetzt sind wir in der großen Welt des Rock ’n’ Roll angekommen!

Doctor Krapula

 

Der Weserlieder-Samstag

Den Weserlieder-Samstag eröffnet Songwriter Janek Mo. Trotz seiner jungen Jahre scheint er ein unerschöpfliches Reservoir an Klängen, Sounds und Worten angelegt zu haben, aus dem er sich bei Bedarf mal hier, mal da bedient, um sein eigenes Ding zu machen.

Janek Mo

 

Im Anschluss ziehen die Veranstalter zum 20. Festivalgeburtstag ausnahmsweise mal den Joker. Soll heißen: Sie kündigen eine Band an, ohne sie wirklich anzukündigen. Die bleibt nämlich eine Überraschung. Die nächste Band kennt in Minden vermutlich jeder, der auch nur ansatzweise mit Rockmusik zu tun hat: Teaser.

 

Teaser. Foto: Johannes Pietsch

 

Perfekt wird mit Sicherheit auch der weitere Verlauf des Abends, denn: Die kultigste Ethno-Rock-Band Griechenlands will mit Minden den Weserlieder-Geburtstag feiern. Koza Mostra bieten eine äußerst feurige Fusion aus Rock, Ska und Punk, gemischt mit traditioneller griechischer Musik und Rebetiko.

Koza Mostra

 

Und damit alle die Weserlieder bis zur letzten Sekunde voll auskosten, gibt es zum Abschluss noch einen weiteren Kracher: Town of Saints kehren an den Ort zurück, an dem sie schon 2016 im Jahr eins nach dem Sturm dafür sorgten, dass alle mit wunderschönen Songs im Ohr nach Hause gehen konnten.

 

Town Of Saints. Foto: Florian Von Besser