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Weserfreunde und Stadt Minden schauen unter die Wasseroberfläche

Fischereibiologe Jonas Rose mit Weserfreundin Daniela Heinemann. Foto: Weserfreunde Minden e.V.
Seit rund drei Jahren sind die beiden Ökoprojekte – Stadtblänke Löffler und Ökopolder Neue Fahrt – fertig. Den Weserfreunden Minden ist dabei nicht nur die geringere Hochwassergefahr für die Stadtblänke auf der rechten Weserseite, sondern besonders die Schaffung von Lebensräumen für die Fische wichtig. „Sie sind es, die unter dem Wohnraummangel, der in der Wasserstraße Weser herrscht, leiden“, weiß Horst Spreckelmeyer, Vorstand Weserfreunde Minden e.V.

Die dauerhaft angeschlossenen Wasserflächen bieten den Fischen Rückzugsraum bei Hochwasser, Überwinterungsquartiere und Kinderstuben für Jungtiere. Aus dem Grund sind beide Flächen mit unterschiedlichen Wassertiefen, Kiesflächen, flachen als auch steilen Ufern ausgestattet und mit Totholz möbliert.

Die Schaffung von auenähnlichen Gewässerstrukturen für die Bereitstellung von Jungfisch-, Überwinterungs- und Laichhabitaten, insbesondere für sogenannte Krautlaicher, ist eine der Kernempfehlungen des Bielefelder Fischereibiologen Dr. Hartmut Späh. Er hat im Auftrag der örtlichen Fischereivereine, zusammengeschlossen in der Mindener Interessengemeinschaft der Fischereivereine e.V., bereits Anfang 2000 einen freiwilligen Hegeplan erarbeitet. Diese Habitate sind im heimischen Weserraum am einfachsten durch die dauerhafte oberirdische Anbindung von wesernahen Stillgewässern oder aber die Anlage von Sekundärgewässern, wie eben Stadtblänke und Ökopolder, möglich.
Heranwachsender Steinbeißer. Foto: Weserfreunde Minden e.V.
Die spannende Frage war jetzt: Wurde das Angebot angenommen? Um das zu untersuchen organisierten die Weserfreunde gemeinsam mit der Stadt Minden eine Elektrobefischung durch einen anerkannten Fischexperten. Bei diesem Verfahren werden die Fische durch Stromschläge kurzzeitig betäubt, sie schwimmen dann auf und können gefahrlos entnommen, gemessen, gewogen und bestimmt werden.
Der beauftragte Fischereibiologe Jonas Rose fand 18 verschieden Arten, darunter sogar den stark gefährdeten Steinbeißer sowie den ebenfalls im Bestand gefährdeten Bitterling, der in „Symbiose“ mit den Fluss- und Teichmuscheln lebt. Er legt seine Eier in die Kiemen der Muscheln, wo die Eier und schlüpfenden Larven gut vor Fressfeinden geschützt sind. Nach dem Schlüpfen der Fischbrütlinge heften sich dann winzige Muschellarven an die kleinen Fische, von denen die Muschellarven dann nach Ausschwimmen im Flusssystem verteilt werden.
Flora-Fauna-Habitat bedeutsam: Der Bitterling. Foto: Weserfreunde Minden e.V.
In der Stadtblänke wurden 530 Fische untersucht und im Ökopolder 845. Die Ergebnisse belegen, dass das Gewässer bereits nach kurzer Entwicklungsdauer von zahlreichen Flussfischen mit Auenbezug tatsächlich als Reproduktions- und Aufwuchshabitat genutzt wird. Durch den übermäßigen Ausbau der Weser und ihre starke Nutzung ist die Vernetzung von Fluss und Aue verloren gegangen. Und damit ist ein entsprechendes Wohnraumangebot für die Unterwasserlebewesen zur Mangelware geworden. Deshalb stellen die beiden Maßnahmen einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung eines guten ökologischen Zustands/Potenzials sowie für die Entwicklung eines artenreichen und der Größe und Beschaffenheit entsprechenden Fischbestands in der Weser dar. „Es ist davon auszugehen, dass im Laufe der weiteren Sukzession noch andere seltene und im Bestand bedrohte Arten hinzutreten“, unterstreicht Jan-Nicolai Klement, Vorsteher der Weserfischereigenossenschaft Minden.
Eine neue, nicht heimische Art hat sich eingeschlichen, die Schwarzmaulgrundel. Sie hat noch keine Gegner und bringt daher das Gleichgewicht durcheinander. So macht die Grundel in einigen Gewässersystemen bereits bis zu 70 Prozent der Fischbiomasse aus und verdrängt die heimischen Fischarten. Aber auch hier gibt es bereits erfolgsversprechende Ideen der heimischen Fischereivertreter*innen, um auf natürliche Art und Weise das biologische Gleichgewicht wiederherzustellen. So sind die Weserfischereigenossenschaft Minden und die Mindener Interessengemeinschaft der Fischereivereine fest entschlossen ein Wiederansiedlungsprojekt mit der ehemals auch im Weserfluss heimischen Fischart Quappe zu initiieren, für die die zahlreichen Grundeln eine willkommene Beute ist.
So könnte es gelingen eine sich stark und rasch ausbreitende Art zurückzudrängen und gleichzeitig eine ehemals heimische Fischart wieder anzusiedeln. Auch hierbei wird die Stadtblänke und der Ökopolder in Minden als Lebensraum einen wertvollen Beitrag leisten können – sind sich die Stadt Minden, die Weserfreunde und die heimischen Fischereivertreter*innen sicher. Text: PR 
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