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So kommt ihr besser durch den wahren Joballtag

Das Berufsorientierungsprojekt „Start“ setzt auf das, was sich hinter den Tätigkeiten verbirgt. Schüler und Azubis sprechen auf Augenhöhe.

Berufsorientierungsprojekt „Start“

Bei „Start“ lernen Schüler 15 Berufsbilder an einem Vormittag kennen. Sie sprechen mit Azubis von Firmen, bevor man nach einer gewissen Zeit einen Tisch weiter rückt. Initiator ist Ausbildungscoach Willi Hartmann, der den Jugendlichen vor allem den normalen Arbeitsalltag näher bringen möchte. Das Konzept wird immer weiter entwickelt – und verfeinert.

 

Berufsorientierungsprojekt „Start“ Die Aula des Leo-Sympher-Berufskolleg in Minden, an einem Mittwoch im März. An 15 großen Tischen sitzen Schüler und Azubis der neunten und zehnten Jahrgangstufe. Es wird jede Menge gefragt, geantwortet und auch diskutiert. Die Minik der jungen Leute verrät, dass es sehr entspannt zugeht. Thema der Gespräche sind die Arbeitsalltage von 15 verschiedenen Berufszweigen, darunter kaufmännische, technische oder handwerkliche. Man redet über Anforderungen, Geld, Karrierechancen, Qualifikationen – aber auch über den ganz normalen Arbeitsalltag. Beispielsweise über Kundenkontakte oder die Erwartungen der Vorgesetzten.

Die Schüler und Auszubildenden sind äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden. Zu nah sind sie sich altersmäßig – und genau das ist der Grund, warum „Start“ so gut funktioniert. Die Gespräche laufen immer auf Augenhöhe und die Schüler trauen sich Dinge zu fragen, über die sie sich mit einem Personalchef oder Betriebsleiter in den Mittfünfzigern unter Garantie nicht unterhalten würden. „Es gibt keine große Hemmschwelle“, sagt Willi Hartmann. Der Ausbildungscoach hat „Start“ erfunden und setzt auf die sogenannten Rundläufe, die viel Wissen in kürzester Zeit und auf kurzen Wegen vermitteln. Eindrücke, die oft die besten Türöffner sind.

Hartmann und seine Mitarbeiterin Atessa Kern nehmen das unter die Lupe, was die Berufe tatsächlich sind. Dabei entlarven sie so manches Image eines Jobs, das von der Realität oft abweicht. So mancher vermeintlich attraktive Beruf entpuppt sich bei näherer Betrachtung gar nicht mehr so toll; andere als langweilig empfundene Tätigkeiten erweisen sich als sehr spannend und kreativ. „Viele Teilnehmer entdecken ihre Talente“, sagt Hartmann. Denn bei „Start“ sprechen die über Jobs, die sie ausüben.

Berufsorientierungsprojekt „Start“ Es ist das erste Mal, dass Hartmann und Team mit „Start“ an einem Berufskolleg sind. Schul-Fachbereichsleiter Jürgen Wöpking spricht gegenüber news – Das Magazin von einem Pilotprojekt. „Das sehr gut bei den Schülern ankommt“, sagt er. Die ersten Resonanzen seien großartig und es sei erkennbar, dass die Teilnehmer einiges an Infos mitnehmen. Rundum zufrieden sind auch die Betriebe. Nik Möllenbeck von der Barbara Erzbergbau berichtet von interessanten Gespräche. Eine Branche, die manche gar nicht mehr auf dem Schirm habe, müsse man besonders Präsenz zeigen. „Unser Beruf hat eine Zukunft“, sagt er. Ähnlich äußert sich auch Ann-Kathrin Banoczay von der Gartenfirma Engel&Engelke. Bei vielen junge Leute gelte ihre Branche als nicht sonderlich attraktiv. Umso überraschter seien sie oft, wenn sie vom wahren Arbeitsalltag eines Gärtners erfahren, der wesentlich attraktiver ist, als sie gedacht hatten.

Beim Wechsel an den Tischen sehen die Schüler zufrieden aus. Erkennbar interessiert sind sie – und obwohl es eine rein schulische Veranstaltung ist, ist genau das nicht zu spüren. Die Jugendlichen zeigen sich motiviert – und das gilt für Schüler und Azubis gleichermaßen. Einfach ist das nötige Equipment, das „Start“ benötigt. Tische, stühle, Metawände und „Rollups“ reichen schon aus. Laut Hartmann dauert der Aufbau nur wenige Minuten.

Das Veranstaltungskonzept ist begehrt und wird von immer mehr Schulen gebucht. Inzwischen reicht der Radius an Veanstaltungen bereits bis Münster. „Start“ wirbt für Ausbildungsberufe und sendet das Signal, dass eine große Karriere nicht zwangsläufig mit einem Studium in Verbindung steht. Weiterbildungen, Zusatzqualifikationen und vieles mehr verleihen der klassischen Ausbildung eine Menge Attraktivität. Vor allem in den Zeiten, wo überall vom Fackräftemangel geredet wird, ist das der Fall. In den Feebackrunden, die auch zu „Start“ gehören, wird das thematisiert.

Von Carsten Korfesmeyer