Kultur

„Niemand ist für 25 Jahre hip“ Techno und House-DJ Timo Maas aus Bückeburg spricht im News-Interview von seiner Karriere und seinem größten Hobby

DJ Timo MaasDJ Timo Maas aus Bückeburg

Von Patrick Schwemling

Timo Maas hat in seiner langen Karriere als DJ, Remixer und Produzent schon mit vielen Größen in der Musikszene zusammengearbeitet und dabei noch viel mehr erlebt. Gleich zwei Grammy-Nominierungen stehen in der Vita des Bückeburgers, der Ende Juli seinen 50. Geburtstag feiert und 2019 noch mehr Jubiläen begeht: 25 Jahre selbstständig, die zwanzigste Saison als DJ auf Ibiza und auch die ersten größeren internationalen Erfolge jähren sich jetzt zum zwanzigsten Mal. Mitten in dieser Zeit legt er in seiner Heimat am 13. Juli beim Open Air & Indoor Festival „Wilde 3“ in den Kronenwerken Bückeburg auf.

Timo, in zwei Wochen ist es so weit – statt in Mexiko oder Ibiza stehst du in Bückeburg hinter den Plattentellern. Wie oft machst du das noch in deiner Heimat?
Ich versuche, es nicht mehr als ein-, zweimal im Jahr zu machen, – es soll im besten Fall doch auch etwas Besonderes sein. Ich werde dieses Jahr mit den Jungs von Trampolinmusik jetzt das Festival begehen und auch wieder am 1. Weihnachtsfeiertag bei ihnen auflegen. Das ist eine coole Sache, das war immer richtig geil. Wenn ich aber auf jeder Hochzeit tanze, wird es ja auch langweilig.

Wie fing es für dich eigentlich an hier in der Region?
Mit 12 oder 13 habe ich das erste Mal gespielt, und mit sieben oder acht habe ich meine erste Platte gekauft. Ich meine, dass das eine Single von Matchbox war, eine Rock ‘n’ Roll Single. Mein Vater hatte damals eine Kneipe mit einer alten Musikbox. Da habe ich als kleiner Bengel immer Platten, die er aussortiert hat, durchgeguckt und abgezogen. Musik hat mich schon immer fasziniert, und in frühen Jahren habe ich gemerkt, dass es ein Weg zur Kommunikation ist. Das war die Tür zur Außenwelt für mich. Das ist irgendwo bis heute so geblieben.

Aufgelegt habe ich hier zuerst im „Herz As“ in Vehlen.

Das war der „place to be“ in den späten 1980ern.

Und wie ging es dann für dich weiter? Heute blickst du ja auf eine eindrucksvolle Karriere zurück.
1994 habe ich die Entscheidung getroffen, als Kommunikationselektroniker aufzuhören und es mal ein Jahr mit dem zu probieren, was ich wirklich am meisten liebe. Das ist jetzt fast 25 Jahre her, und ich bin dabeigeblieben.

Da warst du 25, fünf Jahre später ging deine Karriere dann so richtig los.
1999 war das Jahr der großen Änderungen. Da gab es den ersten Major-Deal in England und noch so viel mehr. Da hat schon jemand den Zünder angemacht für das, was in den folgenden Jahren explodiert ist.

Timo Maas in Aktion
Timo Maas in Aktion

Dadurch bist du wahrscheinlich extrem viel unterwegs, oder?
Anfang der 2000er war ich so 300 Tage im Jahr unterwegs ­– das war natürlich nochmal eine andere Hausnummer. Jetzt kann ich es nicht so genau abschätzen, aber 120 – 150 Tage bin ich verreist im Jahr, würde ich schätzen. Aber ich weiß es nicht ganz genau. Kann mehr sein, kann weniger sein. Es hat sich gut eingepegelt.

Das klingt ganz schön hart. Viele denken ja an ein Lotterleben, wenn sie hören, dass der Beruf DJ ist.
25 Jahre Profi in diesem Geschäft sind eine verdammt lange Zeit. Ich habe so viele Leute kommen und gehen sehen, und gerade in der modernen Zeit wird die Halbwertzeit einer Karriere immer kürzer. Ich bin sehr stolz, dass ich damit meinen Lebensunteralt verdienen kann, – aber es bedarf auch viel Arbeit. Ich ruhe mich null darauf aus, was ich in der Vergangenheit gemacht habe. Es gibt Reputation und Relevanz. Meine Reputation ist, glaube ich, recht gut, die bezahlt aber nicht die Rechnungen. Das macht die Relevanz, und das ist tägliche Arbeit. Und deswegen habe ich nie wirklich frei.

Du sagst, dass die Halbwertzeit einer Karriere immer kürzer wird. Gab es bei dir auch schon Momente, wo du gesagt hast, es wird mir zu viel?
Harte Zeiten gibt es immer. Keine Karriere läuft konträr, sondern eher wie ein Sinus. Ich hatte Höhepunkte, aber ich habe auch wieder ganz unten gesessen. Das ist halt ganz einfach so – niemand ist hip für 25 Jahre. Sich immer wieder neu zu erfinden, immer wieder neue Ideen zu haben, ist vielleicht der Motor für eine lange Karriere. Um nicht nur den Markt, sondern sich immer wieder selbst herauszufordern.

Gab es in deiner langen Karriere einen Ort, der bei dir besonders Eindruck hinterlassen hat?
Ich bin bis jetzt in 98 Ländern gewesen und über die Jahre hatte ich natürlich Momente – positiv als auch negativ –, die unglaublich waren. Ich finde, Ibiza hat noch immer schöne Ecken, wo du das sogenannte Ibiza-Feeling aufgreifen und genießen kannst. Ich war 17 Jahre lang DJ im DC-10, einer der legendärsten Läden auf der Insel. Da habe ich Geschichten erlebt und Partys gehabt, die einmalig waren.

Meine Lieblingsstadt in der Welt ist aber Tokio.

Timo Maas mit Fatboy Slim
Timo Maas mit Fatboy Slim

Tokio?
Ganz klar! Das ist einfach Alice im Wunderland, wie ein Riesenspielplatz. Es sieht so westlich aus, ist es überhaupt nicht. Das hat eine ganz andere Kultur, Mentalität und ist so bunt und abgefahren und anders. Ich liebe die Stadt. Außerdem bin ich ein Foodie, und das Essen in Japan ist sensationell gut.

Du hast ja auch einen eigenen Instagram-Account fürs Kochen.
Ja, „timolovescooking“ heißt der. Ich spreche da null über meinen Beruf, das ist mein Hobby. Und wenn jemand was geil findet, dann schicke ich auch gern die Rezepte. Ich habe mit zehn Jahren schon in diese Poesie-Alben bei Traumjob DJ oder Koch geschrieben. Kochen ist meine Passion, so wie Musik schon immer meine große Liebe war. Wenn ich koche, ist das für mich wie Meditation. Ich tauche dann ab. Das ist für mich auch wie eine Erfüllung, weil ich nicht dauernd über Musik und meinen Job nachdenken kann.

Wie ist es dazu gekommen?
Als ich anfing zu reisen, habe ich immer mehr kennengelernt: mehr Stile, mehr Gewürze. Sachen, die mir richtig gut gefallen haben. Da habe ich mich dann irgendwann reingekniet und versucht, das nach zu kochen. Das auf dem Instagram-Kanal sind alles selbst gekochte Sachen und keine Restaurantaufnahmen.

Zurück zur Musik: Du warst 2004 und 2017 jeweils für einen Grammy nominiert. Wie war das?
Es einmal zu haben, ist schon sensationell gewesen, das zweite Mal war es unglaublich, – und bei beiden Malen ist mir ein Fauxpas passiert. 2004 gab es auch noch Bier, 2017 nicht mehr. Da haben wir uns beim ersten Mal dementsprechend ein paar Bier reingelenzt. Irgendwann musste ich dann aufs Klo. Ich habe mich richtig beeilt, aber als ich gerade wieder rauskam, stand mein Partner Martin Buttrich im Ausgang der Toilette vor mir und sagte, dass unsere Kategorie dran war. 2017 wusste ich es dann besser und bin, bevor wir reingegangen sind, pinkeln gegangen. Bier gab es da sowieso nicht mehr. Wir hatten einen Programmplan, und ich wusste, dass unsere Kategorie mit Nummer 72 oder 73 ein bisschen später verliehen wird. Dann gucke ich auf den Plan, wir waren bei der Big Band – und der Preis vorher waren die Remixe.

Das heißt, ich habe auch meinen zweiten Grammy auf dem Klo verpasst.

Timo Maas mit Martin Buttrich bei den Grammys
Timo Maas mit Martin Buttrich bei den Grammys

Dann muss jetzt also noch eine dritte Nominierung her?
Das wäre utopisch, aber sollte es jemals vielleicht irgendwann noch einmal so weit kommen, werde ich zwei Tage vorher nichts mehr trinken, ein Zelt vorm Eingang aufstellen und als Erster drin sein.

Du hast für Madonna einen Remix von „Don’t tell me“ gemacht. Wie kommt so ein Kontakt zustande?
Management oder Plattenfirma ruft Management an, ­– das ist eigentlich recht unspektakulär. Als wir die Anfrage bekommen haben, haben wir es erstmal niemandem davon erzählt, sondern uns den Song vier Wochen lang vorgenommen. Erst als wir fertig waren, haben wir darüber geredet und es publik gemacht. Da stand plötzlich ein Fernsehteam von RTL vor meiner Haustür.

Neben Madonna hast du auch mit Paul McCartney gearbeitet. Du hast ihn auch kennengelernt, oder?
Ja, ich hatte die Möglichkeit, Sir Paul zu treffen. Das war eher Zufall, weil ich in Neuss gespielt habe und er am selben Abend ein Konzert in Düsseldorf hatte. Über den Manager habe ich zwei Karten bekommen und ein Meet & Greet, weil er mich kennenlernen wollte. Da war ich völlig sprachlos und habe zwei Nächte nicht gepennt. Wir hatten dann unsere fünf Minuten zusammen und haben ein Foto gemacht, das heute auf der Toilette bei mir steht.

Auf der Toilette?
Da guckt jeder zwangsläufig drauf, wenn ich Besuch habe! Das ist gar keine Respektlosigkeit, sondern einfach der perfekte Platz.

 

Wilde 3 | Open Air & Indoor Festival
· 13. Juli um 16 Uhr bis 14. Juli um 8 Uhr
· Kronenwerke, Lehnstraße 1, 31675 Bückeburg
· Tickets: trampolinmusik.ticket.io

Wilde 3 Line-up
· Open Air Stage Oliver Schories / Timo Maas / Beatamines / Pauke Schaumburg / pølaroit / Felix Bøttcher
· Dunkle Vorahnung Stage Rufus / Sub Semantics / Tromperie / Hansi / ARJU /Livt
· Wesertekk Stage Lucas Scheermann / artGENERATOR / Levent Stein
· Ketoga Showcase Lui Mafuta / Maka / TBA