Die Tischfußballsparte des SV 1860 Minden will an die Zeiten anknüpfen, als die Stadt als Hochburg dieses Sports galt. Im Juli haben die Tischfußballer ihr neues Domizil an der Weser bezogen.

 

Trainiert wird an sechs Tagen in der Woche. Nur freitags heißt es „Kickern für alle“, ansonsten geht es an den Tischfußballtischen richtig zur Sache. Denn die Spieler des Sportvereins 1860 Minden wollen nach ganz oben. Dorthin, wo die Tischkicker aus der Stadt vor allem in den 1960er Jahren waren. „Wir galten als Hochburg“, sagt Herbert Hoppmann. Diesen Ruf wollen die 1860er zurückerobern.

70 ist er inzwischen und gerne spricht der Mindener von 1968, als er Deutscher Vizemeister wurde und mit Josef Lipkowski und Siegfried Dombrowa auch noch den Titel des Deutschen Mannschaftsmeisters holte. Er sagt es nicht direkt, aber Herbert Hoppmann ist hungrig auf weitere Titel und fühlt sich dabei durchaus in der Lage, mit den Jüngeren auf Augenhöhe zu kickern. Eine Art Comeback nach mehr als 50 Jahren? Der frühere Champion hat eine Körpersprache, die ihm das zutrauen lässt.

Er hat das nahezu perfekte Umfeld geschaffen. Mit Patrik Kamczyk steht ein aktiver Bundeligaspieler als Trainer zur Verfügung und als Sportlicher Leiter ist Nils Rottmann im Amt. Herbert Hoppmann ist Abteilungsleiter und mit dem Orthopäden Dr. Jörg Pohlmann gibt es sogar einen Mannschaftsarzt. Der ist als aktiver Tischkicker allerdings sowieso immer dabei, verrät das Urgestein mit einem Augenzwinkern.

In den Räumen des ganz frisch und mit mehr als 500 Stunden in Eigenleistung der Mitglieder renovierten Mindener Kicker-Domizils an der Weserpromenade 21 stehen sechs nagelneue Fußballtische. Jeder davon kostet etwa 1.500 Euro und Allein sie drücken schon aus, wie professionell der Verein das große Projekt angeht. Und die Flachbildschirme hängen nicht deshalb an den Wänden, um Sport zu gucken, sondern um Spielzüge zu analysieren. „Aktuell haben wir drei Teams“, sagt Herbert Hoppmann. Vier, im besten Fall sechs bis acht Spieler bilden jeweils die Mannschaft, in denen Frauen und Männer gemeinsam am Tisch stehen können. Noch ruht der Spielbetrieb, aber der Spartenleiter hat die Hoffnung, dass Covid 19 bald vorbei ist und der kleine weiße Ball wieder rollen darf.

„Wir beginnen ganz unten in der Kreisliga“, sagt Herbert Hoppmann. Idealerweise schaffen die 1860er in den kommenden Jahren den glatten Durchmarsch durch die Bezirksliga, Verbandsliga, Landesliga in die zweite Bundeliga, um 2025 vielleicht Erstligist zu sein. Möglich ist das angesichts der guten Trainingsvoraussetzungen allemal, doch natürlich schläft auch die Konkurrenz nicht. Je weiter es nach oben geht, umso dünner wird die Luft. Letztlich gehört auch Glück dazu.

Mit den Tischkickern, die in den 1960er- und 1970er-Jahren nahezu in jeder Kneipe standen, haben die Tische nur wenige Gemeinsamkeiten. Und Herbert Hoppmann zieht im Gespräch mit news – Das Magazin immer wieder die Grenze zwischen Freizeitspaß und den sportlichen Ambitionen. Wer ernsthaft Tischfußball spielt, verfolgt eine Taktik, hat Übersicht, kennt Spielzüge und verhält sich gekonnt am Ball. „Das ist im Grunde nichts anderes als beim Fußball auf dem großen Feld“, sagt er. Auch körperlich werde man dabei ganz gut beansprucht und dass die Spieler in einer Partei mächtig schwitzen, sei absolut normal.

Wie in vielen anderen Sportarten ist auch der Tischfußball mit der Zeit immer schneller geworden. Wer den Spielern zusieht, komt oft aus dem Staunen nicht mehr raus und mit den Augen nicht mehr hinterher. Ruckzuck geht es mit den 22 Figuren zur Sache und der Ball erreicht dabei durchaus Geschwindigkeiten bis Tempo 50. Es kommt auf Reaktionen, Ideen und Geschicklichkeit an. Wer in dem Sport etwas erreichen möchte, muss buchstäblich immer am Ball sein.

Es kommt auf Übung, aber auch auf das Talent an. Trainingserfolge sind nach Worten des Abteilungsleiters schon nach relativ kurzer Zeit zu erkennen, dann kommt der Feinschliff. Der dauert wie wohl bei jeder Sportart, bis die Karriere irgendwann einmal vorbei ist. Das kann gern im hohen Alter sein, denn Tischkickern kann man im Grunde ewig lange. Natürlich sind die Jüngeren meist schneller, erzählt Herbert Hoppmann. Er gleiche das dann mit seiner Routine aus, von der er nach wie vor profitiert. Sein Ehrgeiz ist ungebrochen und sein Trainingsfleiß enorm. „Ich bin auf einem sehr guten Weg, mein früheres Niveau zu erreichen.“ Und er wünscht sich, in der nächsten Zeit noch viele weitere Menschen für seinen Sport gewinnen zu können. Europaweite Wettbewerbe gibt es bereits seit 1976 und im Januar 2012 wurde Tischkickern in Deutschland offiziell als Sportart anerkannt. Das Regelwerk ist längst standardisiert. Viele Vereine der Fußball-Bundesliga wie Eintracht Frankfurt, der FC St. Pauli oder Hannover 96 haben Tischkickersparten und der 1860-Abteilungsleiter hofft darauf, dass sein Sport irgendwann auch olympisch wird.

Das Tischkicker-Domizil befindet sich an der Weserpromenade 21 in Minden, direkt am Mindener Weserstadion. Weitere Informationen gibt es bei Abteilungsleiter Herbert Hoppmann unter Telefon (01 51) 18 84 44 21 sowie bei seinem Stellvertreter Horst Petersen unter Telefon (01 71) 1 79 56 00