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Mangelware Fachkraft – Teil 1

Der Fachkräftemangel ist ein Problem, das kontinuierlich größer wird. Gründe dafür gibt es viele – und wohl ebenso viele Versuche, ihn zu bekämpfen.

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Die Berufe, in denen ausgeschriebene Stellen immer schwieriger zu besetzen sind, sind vielfältig. Waren es vor einigen Jahren vorwiegend Ausbildungsberufe, die immer weniger Bewerbungen verzeichneten, sind es heute auch immer mehr Jobs, die ein Studium voraussetzen. Einige dieser Probleme sind vom Zugangssystem selbst verursacht: Über Jahre war das Medizinstudium nur mit einem Einser-Abi möglich, heute fehlen vor allem im ländlichen Raum Allgemeinärzte und auch Kliniken haben immer häufiger Schwierigkeiten, ihren Bedarf an Medizinern zu decken. Schlechte Arbeitsbedingungen wie 24-Stunden-Dienste bei gleichzeitig hoher Verantwortung machen solche Stellen zusätzlich unattraktiv.

 

 

 

Doch nicht nur Ärzte sind Mangelware – auch um den Nachwuchs beim Pflegepersonal ist es schlecht bestellt. Zwar kann sich die Bezahlung in der Krankenpflege mit Zulagen für Schichtarbeit im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen durchaus sehen lassen, allerdings lasten hoher Druck und Verantwortung auf den Pflegenden. In der Altenpflege sieht die Situation noch schlechter aus: Hier zählt durchaus auch die niedrige Verdienstmöglichkeit zu den Gründen für den Fachkräftemangel.

Anders sieht es im Handwerk aus: Zwar sind die Einstiegsgehälter hier nicht unbedingt üppig, dafür gibt es durchaus Entwicklungsmöglichkeiten – der Spruch, dass Handwerk goldenen Boden habe, ist nicht falsch. Dennoch leiden viele Handwerksberufe unter einem schlechten Image. Zu Unrecht: Handwerker sind hoch spezialisierte Experten in ihrem Fach, auch an diesen Berufen ist die Digitalisierung nicht spurlos vorübergegangen.

Fachkräftemangel besteht auch in vielen technischen und MINT-Berufen (MINT = Mathematik-, Ingenieur-, Naturwissenschaften und Technik). MINT-Fachkräfte fehlen in vielen Bereichen von der Verwaltung über die Wissenschaft bis in die Geschäftsführung.

 

Die Gründe

Neben den schon erwähnten Image-Gründen oder dem hohen Druck, unter dem einige Berufsgruppen leiden, ist eine weitere Ursache für den Fachkräftemangel die zunehmende Überalterung der Gesellschaft. Die sinkenden Geburtenraten der letzten Jahrzehnte haben dafür gesorgt, dass dem Arbeitsmarkt immer weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen. Zwar sind die Raten zuletzt wieder leicht gestiegen und auch durch die Zuwanderung ist die Bevölkerung in den letzten Jahren nicht weiter geschrumpft, trotzdem sinkt die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter weiter. Die große Kohorte der sogenannten Babyboomer, die in den letzten Jahren in den Ruhestand eingetreten ist, hat zudem eine große Lücke hinterlassen.

Hinzu kommt, dass gerade in vielen neuen Berufen ein deutlich komplexeres Fachwissen vorausgesetzt wird, derart hoch qualifizierte Menschen aber fehlen. Gleichzeitig fallen viele geringqualifizierte Tätigkeiten durch Automatisierungsprozesse weg, eine Entwicklung, die in den nächsten Jahren vermutlich noch zunehmen wird.

 

Gegenmaßnahmen

Das Schlagwort „Lebenslanges Lernen“ hat inzwischen vermutlich wohl jeder mal gehört – und doch ist es mehr als ein Schlagwort: So unterstützt das Land NRW Arbeitgeber dabei, Mitarbeiter durch Fortbildungen weiterzuqualifizieren, indem es einen Teil der Kosten mit sogenannten Bildungsschecks übernimmt. In vielen Berufen gibt es spezielle Fortbildungen, um Arbeitnehmer auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten.
Die sogenannte „Stille Reserve“ sind Personen, die sich derzeit in einer Lebensphase befinden, in der sie dem Arbeitsmarkt nicht voll zur Verfügung stehen. Dazu gehören zum Beispiel Eltern in der Familienphase, Ältere oder Personen, die in Teilzeit arbeiten. Mit familienfreundlichen Angeboten, flexiblen Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsmöglichkeiten könnte Eltern ein früherer Wiedereintritt in den Beruf ermöglicht werden.

Auch viele ältere Menschen haben durchaus noch Interesse, auch nach dem Renteneintritt zu arbeiten. Das ist natürlich nicht in jedem Beruf möglich, in vielen aber doch. Mit flexiblen Modellen und individuellen Absprachen lassen sich einige begehrte Spezialisten halten. Eine weitere Möglichkeit kann die Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt sein. Hier ist besonders der Gesetzgeber gefragt. Die zumindest teilweise Anerkennung ausländischer Schul-, Ausbildungs- und Studienabschlüsse wäre ein erster Schritt. Zudem verhindern manche Auflagen, dass arbeitswillige Migranten nicht arbeiten dürfen.