Die NEWS-Ausgabe, die Ihr gerade in den Händen haltet, ist am 24. Oktober gedruckt worden. Schreiben tue ich diesen Beitrag am 23. Oktober um 17.30 Uhr bulgarischer Zeit. Normalerweise reiche ich meine Texte ungerne „kurz vor knapp“ ein – wollte es mir in diesem Fall aber nicht nehmen lassen, so viele erste Eindrücke wie möglich mitzunehmen und mit Euch zu teilen. Eindrücke meiner ersten ganz offiziellen Studienwoche hier in Sofia (die noch nicht mal rum ist, während ich das hier eintippe). Vieles ist neu, vieles ist es nicht. Letztes Jahr noch habe ich den Aufenthalt mehr oder weniger verteufelt, mich „nur“ als Teilnehmer im prep year und damit irgendwie fehl am Platz und „gehemmt“ gesehen und gefühlt. Das ist jetzt vorbei. Jetzt geht’s los.

Am 18. Oktober bin ich wieder in Sofia gelandet, am 21. Oktober sollte die Einführungszeremonie stattfinden. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich weder meine Kommilitonen noch meinen Vorlesungs- oder Seminarplan (man könnte meinen, innerhalb eines Jahres hätte ich die „Kurz-vor-knapp-Mentalität“ von hier adaptiert – dem ist übrigens nicht so). Zumindest meine Gruppennummer war bekannt – und zwei Tage später wurde dann auch der Vorlesungsplan veröffentlicht. Und der hält genau das bereit, was ein Medizin-Erstsemesterplan verspricht: Physik, Biologie, Chemie, Anatomie, Latein, Zytologie und Ethik – jeweils mit verpflichtenden Seminaren in unseren sechs- bis achtköpfigen Kleingruppen (was sich für mich bereits nach drei Tagen als ein riesiger Pluspunkt darstellt) und freiwilligen Vorlesungen für den gesamten Jahrgang. Die Kursteilnehmer meiner Gruppe stammen alle aus Deutschland, und mit 27 Jahren bin ich nicht mal Gruppenältester. Habe ich zuvor auch nicht für möglich gehalten.

Zu dem Wochenplan muss ich sagen: Ich hab mit „Schlimmerem“ – will meinen: volleren Tagen – gerechnet. Teilweise beginnt das Tagesprogramm erst um 11.30 Uhr, jeder zweite Freitag ist – zumindest für meine Kleingruppe – komplett vorlesungsfrei. Ausreichend Zeit zum Lernen (und für die NEWS) sollte also vorhanden sein. Da die erste Woche zu diesem Zeitpunkt noch nicht um ist, kann ich zur Erwartungshaltung der Professoren noch nicht allzu viel berichten. Ich weiß jedoch aus Erzählungen höherer Semester, dass die Lehre in Sofia sehr gut ist – wenn man bereit ist, auch selbst etwas dafür zu tun. Ich zitiere Dekan Prof. Dr. Dimitar Ivanov Bulanov aus seiner Eröffnungsrede (frei übersetzt): „Sie haben sich für Ihr Studium die beste medizinische Universität Bulgariens ausgewählt. Wenn Sie bereit sind, fleißig zu lernen, sind Sie nirgendwo richtiger als hier.“ Einen ähnlichen Ansatz verfolgte unser Biologie-Professor bei seiner Vorstellung in unserem ersten Seminar, das sich direkt an die Eröffnungsfeier anschloss. Ohne viel Umschweife, ohne stundenlange theoretische Erläuterungen, die ins Nichts führen, mikroskopierten wir bereits nach nicht einmal 20 Minuten. Seit knapp einer Stunde „offiziell“ Medizinstudent und schon rote Blutzellen hundertfach vergrößert – kann auch nicht jeder von sich behaupten.

So viel einmal dazu. Überrascht hat mich indes, dass man als Deutscher im Ausland gar nicht so schlecht beäugt wird, wie wir das mit uns selbst immer tun. Beispiel? Tag zwei, das erste Lateinseminar. Geplant für 9.45 Uhr in Raum 3. Wo ist die deutsche Gruppe um 9.35 Uhr? In Raum 3. Wann erscheint die Lateinprofessorin? Um 10 Uhr. Nicht etwa, weil sie uns absichtlich hat warten lassen oder weil sie Unpünktlichkeit forciert, sondern – so ihre Aussage – weil sie uns zwischen den anderen Gruppen im Außenbereich des Gebäudes vermutet hat. „That’s why I love you Germans, you are so disciplined.“ Und das ist eine Erfahrung, die ich an drei von bisher drei Tagen machen durfte. Möglicherweise also ein gutes Omen für die Zukunft. Zu sagen, dass man als Journalist gearbeitet hat und das für deutsche Medien auch weiterhin tut, hilft übrigens auch 😉

Ich ziehe das an dieser Stelle jetzt mal nicht unnötig in die Länge. Kurzum: Das Studium läuft seit einigen Tagen, ich spüre den Enthusiasmus in mir, Neues lernen zu dürfen und zu können (ich hörte, das verfliegt auch wieder), und freue mich, dass es los geht. Ladies and Gentleman: I am hyped!

Finn Luca Zell auf Instagram: instagram.com/finnsmedjourney

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