Und dann ist da dieses Geräusch, wenn der Reiter im Sägemehl landet – ein bisschen dumpf klingt es. Dazu kommt das aufgeregte Schnauben der Pferde, das Johlen der Menge, die dicht gedrängt um die Reitbahn steht oder es sich weiter hinten an der Kanalböschung der „Moorarena“ bequem gemacht hat. Meist geht der Sprung vom Pferd gut aus. Dann steht der Reiter auf, den Kranz in der Hand, klopft sich den Staub aus den Klamotten und weiter geht’s. Hin und wieder führt der Weg aber auch zur medizinischen Betreuung. Oder der Teamarzt übernimmt, dann mit hochprozentiger Heilungschance. Wer das Hahler Kranzreiten nicht kennt, hat etwas verpasst.

Termin steht immer fest

Der Termin ist immer am dritten Juliwochenende. Jedes Jahr ist es dann in der Moorarena in Minden-Hahlen so weit, in diesem Jahr wird der Wettbewerb am 20. und 21. Juli stattfinden. Längst ist die Veranstaltung nicht nur auf einen Tag beschränkt, rund um den eigentlichen Wettbewerb am Sonntag, 21. Juli, wird natürlich gefeiert, sowohl am Samstag- als auch Sonntagabend heißt es: Party! Und traditionsgemäß wirft die Hahler Großveranstaltung ihre Schatten schon eine Woche vorher Schatten voraus: Am 13. findet um 18 Uhr auf dem Dorfplatz der traditionelle Hufbeschlag statt.

Am 20. Juli gibt es dann um 19 Uhr ebenfalls auf dem Dorfplatz etwas zu gucken – dann, wenn die Kranzreiter mit ihren Pferden zum Durchmarsch antreten, direkt im Anschluss, um 20 Uhr, startet dann die Zeltfest-Party auf dem Festplatz. Für Stimmung sorgt das „Königlich-Bayerische-Durchmarsch-Orchester“, das auch regelmäßig auf dem Münchener Oktoberfest für Stimmung sorgt.

Flaschenreiten im Vorprogramm

Am Sonntag, 21. Juli, startet dann das eigentliche Kranzreiten mit dem Flaschenreiten um 13.30 Uhr zum Warmwerden in der Moorarena.
Das eigentliche Kranzreiten beginnt dann um 15 Uhr. Mit der Zeltfest-Party ab 19.30 Uhr auf dem Festplatz endet das Kranzreiten – zuvor hat Schlagerstar Olaf Henning auf der Bühne aber sicherlich dafür gesorgt, dass das Kranzreiten 2024 lange in Erinnerung bleiben wird.
Aber worum geht es beim Kranzreiten denn nun eigentlich? Zunächst mal darum, den talentiertesten und geschicktesten Reiter des Dorfs zu ermitteln, der Kranzreiter-Präsident wird. Wobei das Wort Reiter vielleicht falsche Vorstellungen weckt: Im Sattel sitzend befinden sich die Teilnehmer nur auf dem Weg zur Reitbahn – danach stehen sie auf den Rücken ihrer Pferde.

Beim Kranzreiten müssen die Reiter von einem galoppierenden Pferd aus mit der Hand einen Kranz aus seiner Aufhängung reißen. Die Herausforderung dabei steigt mit jedem Durchgang, da die Höhe des Kranzes kontinuierlich erhöht wird. Im finalen Durchgang hängt der Kranz in schwindelerregenden 4,50 Metern Höhe. Um diese beeindruckende Höhe zu erreichen, müssen die Reiter auf den Sätteln ihrer galoppierenden Pferde stehen und im richtigen Moment abspringen, um den Kranz zu greifen.

Maximal drei Fehler erlaubt

Die Sicherheit der Reiter steht dabei an oberster Stelle. Daher ist die Reitbahn mit einer dicken Schicht Sägemehl gepolstert, um eine sichere Landung zu gewährleisten. Jeder Reiter darf maximal drei Fehler machen, bevor er aus dem Wettkampf ausscheidet. Fehler sind unter anderem ein nicht gefallener Kranz oder ein falscher Schritt des Pferdes.Bevor das eigentliche Kranzreiten beginnt, gibt es zur Einstimmung das sogenannte Flaschenreiten. Die Regeln entsprechen denen des Kranzreitens, allerdings wird hier statt eines Kranzes eine Holzflasche aufgehängt. Der Sieger dieses Wettbewerbs wird zum Flaschenpräsidenten gekürt. Beim Jubiläumskranzreiten wird anstelle des Flaschenreitens der Alterspräsident ermittelt. Hierbei handelt es sich um ein Kranzreiten, bei dem die Teilnehmer das 35. Lebensjahr vollendet haben müssen. Der Reitplatz am Kanal, erreichbar über die Drögenstraße, bietet durch die Böschung des Mittellandkanals eine natürliche Tribüne. Diese ermöglicht den Zuschauern einen hervorragenden Blick auf das Geschehen in der Reitbahn und trägt zur besonderen Atmosphäre des Events bei.

Arena mit natürlicher Tribüne

Zur Teilnahme am Kranzreiten sind alle Mitglieder des Kranzreitervereins Hahlen berechtigt. Junge Teilnehmer unter 18 Jahren benötigen eine schriftliche Einverständniserklärung eines Erziehungsberechtigten. Präsident des Kranzreitens kann jedoch nur werden, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Teilnehmer, die außerhalb der alten Hahler Grenzen (vor der Gebietsreform 1973) wohnen, können erst bei ihrer dritten Teilnahme Präsident werden.

Der Präsident wird derjenige, der als letzter Reiter im Wettbewerb verbleibt. Seine Amtszeit dauert bis zum nächsten Kranzreiten. Der Präsident wird mit einem Pokal, einer Schärpe und einer Ehrentafel, die an seinem Wohnort angebracht wird, geehrt. Sollte sein Wohnort zu weit vom Reitplatz entfernt liegen, wird die Ehrentafel an einem vom Präsidenten gewählten Ort innerhalb des Ortskerns angebracht. Der Präsident wählt auch eine Präsidentin, die ebenfalls mit einer Schärpe geehrt wird. Zudem ist der Präsident angehalten, sein Reitervolk bei Laune zu halten.

Party mit Olaf Henning im Festzelt

Der Wettbewerb selbst ist in verschiedene Durchgänge unterteilt, in denen die Höhe des Kranzes variiert. Ziel ist es, den Kranz mittels eines Sprunges vom galoppierenden Pferd aus seiner Verankerung zu reißen. Aus dem Wettbewerb scheidet aus, wer mehr als drei Fehler macht, gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist teilzunehmen oder aufgibt. Fehler entstehen, wenn der Reiter den Kranz nicht reißen kann, das Pferd nicht im Galopp unter dem Kranz läuft, der Reiter im zweiten Versuch nicht nach dem Kranz greift oder nicht pünktlich zu seinem Versuch erscheint. In der Reitbahn sind beidseitig „Versuchsmarken“ platziert. Passiert der Reiter diese Marke, gilt dies als ein Versuch. Bei Unklarheiten entscheidet das Kampfgericht, das sich bei Bedarf mit dem Rittmeister berät.

Was nach kompliziertem Regelwerk klingt, muss den Besucherinnen und Besuchern kein Kopfzerbrechen bereiten – mit einem kühlen Getränk in der Hand lässt es sich prima zuschauen, wie die Teilnehmer ihre Taten vollbringen. Ein großer Spaß für Jung und Alt.