Bei den vorangegangenen Verleihungen des Kabarettförderpreises „Mindener Stichling“ alle zwei Jahre gab es stets ein volles Haus. So soll es auch am Freitag, 6. November, um 20 Uhr sein. Dann steht im Stadttheater Minden die nächste Gala für die Preisträger 2020 an. Theaterleiterin Andrea Krauledat zeigt sich zum jetzigen Zeitpunkt „sehr zuversichtlich“, dass die Preisverleihung im Herbst stattfinden kann – unter welchen Voraussetzungen könne momentan noch niemand genau sagen. „Aber wir hoffen sehr, dass das Stadttheater Minden alle erforderlichen Regeln im Zuschauerraum und Hygienebestimmungen umsetzten kann und das kabarettbegeisterte Publikum in Minden den Abend der Preisverleihung mit Abstand genießen wird“, so Krauledat. Der Kartenvorverkauf für die Sonderveranstaltungen soll wahrscheinlich am 6. Juni 2020 beginnen.
Preisträger 2020: Sulaiman Masomi. Foto: © Marvin Ruppert

Die Preisträger 2020 stehen bereits seit Ende Februar fest. Da hatte die Jury getagt und sich letztlich mit einem einstimmigen Votum für den afghanisch-deutschen Autor und Poetry-Slammer Sulaiman Masomi als Solisten und in der Kategorie „Gruppe“ für „Cocodello“ – ein multitalentiertes und hochmusikalisches Team, das aus Cornelia Schirmer („Coco“) und Delio Malär (Spitzname „Dello“) besteht, ausgesprochen. „Eine super Entscheidung“, meint Andrea Krauledat. Denn das Programm wurde in Minden bereits mit stehenden Ovationen vom restlos begeisterten Publikum gefeiert.


Im Moment ist alles etwas anders. Daher konnte auch die Veröffentlichung der aktuellen Preisträger dieses Mal nicht in der sonst üblichen Form laufen“, erläutert die Beigeordnete für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit, Regina-Dolores Stieler-Hinz. Sie freue sich sehr, dass die beiden Preisträger die Auszeichnung im März offiziell angenommen haben. Dafür werde ihnen „immer ein bisschen Zeit nach der Jury-Sitzung eingeräumt“. Für die Moderation der Gala 2020 konnte zwischenzeitlich der Stichlings-Preisträger des Jahres 2008, Moritz Netenjakob, gewonnen werden. „Das Publikum darf sich auf einen höchst vergnüglichen Abend freuen“, so Stieler-Hinz weiter.

Alle zwei Jahre verleiht die Stadt Minden den nationalen Kabarettpreis „Mindener Stichling“ mit Unterstützung der Sponsoren Sparkasse Minden-Lübbecke und der Unternehmensgruppe Melitta. Das Preisgeld für den Solisten und die Gruppe – je 4000 Euro – und die schwergewichtige Bronzefigur wird von den Sponsoren gestellt. „Es macht immer wieder Spaß, dieses Projekt zu unterstützen“, sagt Tanja Wucherpfennig, Leiterin PR und Sponsoring beim Unternehmen Melitta. „Das Geld für den Preis erneut bereit zu stellen, sei keine Selbstverständlichkeit, aber ein sinnvolles Engagement“, macht Gerald Watermann, Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Sparkasse Minden-Lübbecke, deutlich.
Seit 1994 zeichnen unabhängige Medienfachleute und Experten Kabarettist*innen aus dem deutschsprachigen Raum aus, deren inhaltliche Arbeit neuartig und bereichernd für das Genre ist. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf politisch-literarisches Kabarett gelegt.
Das älteste Amateurkabarett der Bundesrepublik Deutschland ist Namensgeber für den anerkannten Preis. Diesen haben schon viele Künstler*innen erhalten, die später auch TV-Berühmtheit erlangten, so Ina Müller (mit Edda Schnittgard als Duo „Queen Bee“), Uwe Steimle („Steimles Welt“, MDR, auch als Polizeiruf-Kommissar bekannt), Volker Pispers, Christoph Sieber („Mann, Sieber“), Lars Reichow, Luise Kinseher, Lioba Albus sowie Claus von Wagner („Die Anstalt“) zusammen mit Mathias Tretter und Philipp Weber aus „Erstes Deutsches Zwangsensemble“. 

Begründungen der Jury 2020
Den Mindener Stichling 2020 für Solisten erhält der afghanisch-deutsche Autor und Poetry-Slammer Sulaiman Masomi. Er beginnt seine Auftritte regelmäßig mit dem Satz „Keine Angst ich kann Deutsch“ und erntet damit einen Lacher, weil sich das Publikum in seiner rassistischen Haltung ertappt fühlt. Mit gewaltigem Wortwitz überzeugt er sein Publikum, er kann aufklären ohne belehrend zu sein. Seine Geschichten, die er mit angenehmer, warmer, ruhiger Stimme erzählt, sind hintergründig und verrückt. Masomi ist ein phantasiereicher Fabulierer, der auf den Lesebühnen im gesamten deutschsprachigen Raum unterwegs ist. Nach seinem Bucherfolg „Ein Kanake sieht rot“ reiste er mit dem Goethe-Institut unter anderem nach Amerika und Israel. Sulaiman Masomi weckt in jedem von uns das Verständnis für den anderen. Das ist große Kunst.
Den Mindener Stichling 2020 in der Kategorie „Gruppe“ erhält „Cocodello“, das multitalentierte und hochmusikalische Team aus Hamburg mit Cornelia Schirmer („Coco“) und Delio Malär (Spitzname „Dello“), das von den Musikern Lorenz Schmidt (Schlagzeug) und Alex Szustak (Kontrabass) begleitet wird. Damit zeichnet die Jury ein Theaterkollektiv aus, das in ihrem Micro-Musical-Theater Chansons mit Pop oder Samba mit Morse Codes vermischt und damit immer wieder für musikalische Überraschungen sorgt. In ihren beiden erfolgreichen Programmen „Auf alten Pfannen lernt man Kochen“ und „Auf der Bühne gehörst Du mir“ bieten die beiden Schauspieler unterstützt von ihren Musikern ein einzigartiges Spektakel aus Komik und Kreativität.
 
Die Jury
Die Preisträger werden durch eine unabhängige Fachjury ermittelt. Bei der Ermittlung der Preisträger sollen vornehmlich die Bereiche des politisch-satirischen sowie des politisch-literarischen Kabaretts berücksichtigt werden. „In diesem Sinne soll eine Auseinandersetzung mit den Zeitläufen, den Tatbeständen, seinen Verursachern und Betroffenen auf kabarettistische Weise stattfinden“, so die Statuten.

Für die Wahl kommen Solisten und Gruppen aus dem deutschsprachigen Raum in Frage sowie solche, die vorwiegend in diesem Sprachraum arbeiten. Als förderungswürdig werden Solisten und Gruppen angesehen, deren inhaltliche Arbeit „neuartig und bereichernd für dieses Genre“ ist.


Jury-Mitglieder

Elke Frühling
            Kultur-Journalistin, Mainz
Birger Hausmann
      Kabarett Mindener Stichlinge
Uschi Umbach
          Kabarett Mindener Stichlinge

Hans Jacobshagen    Kultur-Journalist und Kritiker, WDR, Köln
Gabriele Killert
          Publizistin, Berlin
Andrea Krauledat
      Intendantin Mindener Stadttheater
Michael Laages        Dramaturg und Journalist, Berlin

Peter Ludwig
           Kulturzentrum BÜZ (Besuchervotum)

Bisherige Preisträger*innen
1994: Lars Reichow, Wiesbaden (Solist) und „Phrasenmäher“, Berlin – Armin Ballert, Frank Lüdecke (Gruppe)
1996: Volker Pispers, Düsseldorf und „Ganz schön Feist“, Göttingen – Matthias Zeh, Rainer Schacht, Beo Brockhausen
1998: Lioba Albus, Dortmund sowie „Pigor und Eichhorn“, Berlin – Thomas Pigor, Benedikt Eichhorn
2000: Uwe Steimle, Dresden und „Queen Bee“, Hamburg – Ina Müller, Edda Schnittgard
2002: Luise Kinseher, München   und „Pause und Alich“, Bonn – Rainer Pause, Norbert Alich
2004: Bodo Wartke, Berlin und „Kom(m)ödchen“, Düsseldorf – Nicole Ankenbrand, Volker Diefes, Heiko Seidel, Kay Sebastian Lorentz
2006: HG. Butzko, Gelsenkirchen und „Weber-Beckmann“, Essen – Christiane Weber, Timm Beckmann
Sonderpreis: „Erstes Deutsches Zwangsensemble“, Würzburg – Mathias Tretter, Philipp Weber, Claus von Wagner
2008: Moritz Netenjakob, Köln sowie „Annamateur und Außensaiter“, Dresden – Anna Maria Scholz, Stephan Braun, Reentko Dirks
2010: Marc-Uwe Kling,  Berlin und „Schwarze Grütze“, Potsdam – Dirk Pursche, Stefan Klucke
2012: Christoph Sieber, Köln und „Das Geld liegt auf der Fensterbank“, Marie, Hannover – Wiebke Eymess, Friedolin Müller
2014: Anny Hartmann, Köln und „Michael Krebs und die Pommesgabeln des Teufels“,  Berlin
2016: Nils Heinrich und „Suchtpotenzial“, Julia Gamez Martin und Ariane Müller; Sonderpreis: Bernd Gieseking

2018: Nektarios Vlachopoulos aus Oberderdingen sowie das Duo „Simon 
& Jan“ (Simon Eickhoff und Jan Traphahn)

Text: PR / Titelfoto: Cocodello: © Andreas Schlieter