Neulich war ich im Supermarkt einkaufen. In einer Angebotswühlkiste lachten mich süße Baby-Bodys an. Sofort musste ich an mein Patenkind denken, zückte mein Handy und fragte bei meiner Freundin nach, ob noch Bedarf besteht. Ich las ihr die Angaben auf dem Etikett vor: Biobaumwolle und sogar mit dem Siegel des Grünen Knopfes ausgewiesen. Perfekt, nur noch die richtige Größe heraussuchen und ab zur Kasse. Erst zu Hause habe ich noch mal länger darüber nachgedacht. Knapp 7 € für drei Baby-Bodys. Doch arg wenig, wenn damit wirklich faire Arbeitsbedingungen geschaffen werden sollen. 

Also habe ich ein bisschen recherchiert und nicht ganz unrecht behalten. Aber von Anfang an: Grundsätzlich ist das Siegel „Grüner Knopf“ eine super Sache. Es wurde nach dem Einsturz einer Fast-Fashion-Textilfabrik in Bangladesch gegründet, um ökologische und ökonomische Verbesserungen entlang der Textillieferkette zu erreichen. Es gibt 20 Unternehmenskriterien und 26 Produktkriterien. Es würde hier den Rahmen sprengen, auf alle einzeln einzugehen. Ein paar würde ich dennoch gerne aufgreifen. Zum einen müssen Unternehmen, die mit dem Grünen Knopf werben wollen, ihre Unternehmenspolitik auf Menschenrechte und Umweltschutz ausrichten und darüber transparent und öffentlich berichten. Es muss darauf geachtet werden, den CO2-Ausstoß und die Luftverschmutzung möglichst gering zu halten. Außerdem sollen Mindestlöhne ausgezahlt werden.

Klingt ja alles so weit gut. Wenn man aber genauer forscht, findet man eben auch die andere Seite der Medaille. Es werden zwar beispielsweise Mindestlöhne gezahlt, allerdings reichen diese oftmals trotzdem nicht, um die Existenz der Arbeitenden zu sichern. Die Zertifizierung mit dem Grünen Knopf erfolgt freiwillig und gilt dann für drei Jahre. Ein weiterer Knackpunkt, denn das Siegel gilt für das ganze Unternehmen und nicht nur für einzelne Produkte. Es ist also gar nicht klar, ob wirklich alle Produkte des Unternehmens mit den Anforderungen mithalten können. Ziemlich undurchsichtig, wie ich finde. 

Und wahrscheinlich bin ich nicht die Einzige, die sich durch solche Auszeichnungen auf der Ware zum Kauf verleiten lässt. Beim nächsten Mal werde ich das auf jeden Fall genauer hinterfragen und mich schneller wundern, wenn der Preis nicht gerade für eine gerechte Entlohnung aller Beteiligten spricht. 

Foto: Waldemar Brandt/Unsplash

Aber ganz ehrlich, es geht mir im Alltag ziemlich oft so. Viele Siegel erstellen die Unternehmen selbst und das ist auch völlig rechtens. Schlagwörter wie „fair“ und „ökologisch“ oder „nachhaltig“ machen mich schon auf ein Produkt aufmerksam. Dass es dafür aber gar keinen Maßstab gibt, ist wahrscheinlich vielen nicht bekannt. 

Oder ein anderes Beispiel: Erst letztens habe ich gelesen, dass heimische Erdbeeren eine schlechtere CO2-Bilanz haben als eine importierte Mango. Puh. Es wird einem nicht leicht gemacht. Und kann man es überhaupt richtig machen? Was ist mir wichtiger, der niedrige CO2-Ausstoß oder die Unterstützung von heimischen Bauern? Und so gibt es Beispiele in nahezu jedem Lebensbereich. Wie heißt es so schön, wie man es macht …

Oft habe ich mich schlecht gefühlt, wenn sich scheinbar gute Entscheidungen im Nachhinein gar nicht als so super erwiesen haben. Aber ich habe beschlossen, dass es erst mal ausreichend ist, sich mit den Themen überhaupt zu beschäftigen, abzuwägen und dann die für sich richtige Entscheidung zu treffen. So kommt bei mir die Unterstützung der heimischen Wirtschaft vor dem CO2-Ausstoß. Und auch dass ich die Baby-Bodys gekauft habe, bereue ich im Nachhinein nicht. Nur werde ich beim nächsten Mal vielleicht die Finger davonlassen. Wer sein Handeln überdenkt, hat wahrscheinlich schon verstanden, worum es geht. Und am Ende des Tages soll der Einkauf auch noch Spaß machen und nicht nur zur Belastung werden. 

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