Mindens Stadttheater-Intendantin Andrea Krauledat ist zehn Jahre im Amt und möchte ihr Haus auch baulich und technisch auf ein höheres Niveau bringen. Den Erfolg sieht sie vor allem in Eigenproduktionen.

 

2010 ist Andrea Krauledat zur Intendantin des Mindener Stadttheaters ernannt worden. Zehn Jahre später steht das Haus prächtig da und die Menschen stehen Hunderte Meter Schlange, wenn die Abonnements verkauft werden. „Theater ist für Minden und die ganze Umgebung unabdingbar wichtig “, sagt die Frau, die ihr Publikum mit ungewöhnlichen Inszenierungen gerne auch Mal fordert und die Jugend vor allem mit Eigenproduktionen für Kultur begeistern will. Sie sieht sich als Teamplayer und hat Pläne. So hofft sie darauf, dass die Politik bald den Weg frei macht, um das Haus in der Tonhallenstraße auch baulich ganz auf Höhe der Zeit zu bringen.

Andrea, in zehn Jahren ist die Zahl der Abonnenten von 3.500 auf 5.400 gestiegen. Eine Riesensteigerung. Wie hast du die geschafft?
Dazu muss ich sagen, dass ich das nicht allein geschafft habe. Ich habe ein tolles Team und wir haben diesen Erfolg natürlich auch gemeinsam erreicht. Wir haben in den zehn Jahren schon einiges umgestellt, sind mit der Zeit gegangen und haben vor allem in der Theaterpädagogik einen deutlichen Schwerpunkt gesetzt. Es zeigt sich, dass das richtig war und deshalb arbeiten wir auch so weiter.

Ist mehr Jugendarbeit der Schlüssel zum Erfolg?
Wir machen mehr Jugendarbeit, aber natürlich wollen wir generationenübergreifend sein. Ich weiß, dass hört sich jetzt so an, als ob man es allen recht machen möchte. Aber so ist das gar nicht. Selbstverständlich bedienen wir unterschiedliche Geschmäcker. Aber wir fordern das Publikum auch.

Mit außergewöhnlichen Stücken. Beispielsweise wenn in der Kaspar-Hauser-Inszenierung im zweiten Teil gar nicht mehr gesprochen wird.
Auf die Reaktionen des Publikums war ich damals schon sehr gespannt und ich muss auch ehrlicherweise zugeben, dass ich dachte, vielleicht zu weit gegangen zu sein. Aber es gab viel Zuspruch und nur wenig Kritik. Überhaupt kommt es nur selten mal vor, dass Zuschauer aus den Stücken aussteigen.

Vielleicht, weil das Publikum weiß, dass du ein gutes Händchen für die Auswahl hast?
Ich denke schon, dass die Vertrauensebene in dieser Hinsicht gut funktioniert. Die Menschen wissen, dass wir uns viele Gedanken über das Programm machen. Und es ist doch ganz im Sinne der Zuschauer, wenn sie mal an etwas Neues herangeführt werden. Davon lebt doch die Kultur, dass auch mal in andere Richtungen geschaut wird.

Und wenn einem ein Stück nun gar nicht zusagt und es dann doch im Abo ist?
Dann kann selbstverständlich umgebucht werden. Aber ich kann nur empfehlen, sich auch an bislang Unbekanntes heranzuwagen.

Kommen wir auf dein Zehnjähriges. Das sollte groß gefeiert werden. Zusammen mit der Theaterpädagogin Viola Schneider, die auch seit 2010 am Theater ist.
Ja, und es war wirklich ein Schock für uns alle, dass es in diesem Jahr nicht geht. Wir hatten uns ein so schönes großes Programm für den 5. und 6. September überlegt – mit einem Tag der offenen Tür, Theaterführungen und mit CURSE. Das holen wir aber nach – am 1. und 2. Mai 2021.

Noch zwei oder drei Sätze zu Corona?
Wir wollen und werden Corona hoffentlich bald hinter uns lassen. Wir müssen uns nichts vormachen: Für uns Theaterverantwortliche und vor allem für die Künstler ist es eine enorm schwierige Zeit, aus der wir alle wieder raus wollen. Für viele geht es um die Existenz. Aber wir wollen zuversichtlich sein. Gedanklich beschäftigen wir uns schon mit der Spielzeit 2021/22. Und auf die setzen wir alle.

Im Programm sind viele große Namen und renommierte Bühnen. In welcher Liga siehst du das Mindener Stadttheater?
Ganz klar: Wir sind bei den Programm-Theatern unter den Top 3 der Bundesliga.

Damit spielt man auch Champions-League.
Okay, den internationalen Vergleich will ich jetzt nicht unbedingt ziehen, aber wir sind schon gut aufgestellt. Bei den Künstlern genießen wir einen sehr guten Ruf. Viele kommen gern und oft von weit her. Das Theater gehört zu Minden. Und das Theater in Minden spricht für hohe Qualität.

Ist denn auch die Ausstattung momentan auf Bundesliganiveau?
Nein, das ist sie nicht. Und das verschweige ich auch nicht. Wir brauchen die modernen technischen Voraussetzungen, um auch weiter gut arbeiten zu können. Man muss sich nur vorstellen, dass wir immer noch die schweren Handkonterzüge haben, die andere Häuser längst schon maschinell fahren. In der Technik muss vieles erneuert werden. Und auch der Bühnenboden hat z.B. Löcher und müsste dringend mal geschliffen werden. Das Theater muss dringend auch die erforderlichen technischen Voraussetzungen für einen so hochwertigen Spielbetrieb bekommen

Wann könnte das passieren?
Ich hoffe auf 2022. Ein toprenoviertes Haus wäre wirklich klasse und das würde dann auch eine tolle Werbung für Minden überhaupt sein.

Kommen wir noch einmal auf dich: Was war für dich in den zehn Jahren das herausragendste Ereignis? Der Ring von Wagner?
Das war ganz sicher ein Glanzpunkt und hat uns deutschlandweit und international bekannter gemacht. Aber perspektivisch für die Theaterarbeit sind es vor allem die Eigenproduktionen mit Viola Schneider. Die bringen Menschen direkt aus Minden das Theater nah und das ist mir wichtig. Wenn ich auf die zehn Jahre zurückblicke, ist alles so wahnsinnig schnell gegangen. Und es ist in dieser Zeit so viel passiert. Aber irgendwie kommt es mir auch so vor, als würden die Spielzeiten immer schneller vergehen.