Von Carsten Korfesmeyer

Ausverkauft nach nur vier Stunden. Julien Köster ist noch immer bewegt, wenn er an die Resonanz auf das „PW1 & yooliety Festival“ denkt. Über 2.000 Tickets gingen über den Tisch, sodass noch ein Zusatztermin ins Leben gerufen wurde. Dieser war innerhalb von drei Stunden ausgebucht. Was übt den Reiz auf diese Events aus? Sie sollen das Lebensgefühl der späten 1990er- und frühen 2000er-Jahre für einen Moment zurückholen und dafür steht in der Region die einstige Großdisco im Portaner Bahnhof, aber auch Julien Kösters einstiges Social-Media-Angebot „yooliety.de“, das wie ein Vorläufer von Facebook und Co. die jungen Menschen seinerzeit faszinierte. News – Das Magazin hat mit Julien Köster gesprochen. Über die Partys, die Beweggründe und über die gesellschaftlichen Entwicklungen.

Julien, es haben sich lange Schlangen in der Innenstadt gebildet, um an Tickets für Eure Partys zu kommen.
Das ist für mich wie ein emotionaler Hauptgewinn. Wir hatten gedacht, dass vielleicht nach Weihnachten die Karten verkauft sind, niemals aber in dieser kurzen Zeit. Weil die Nachfragen dann immer noch da waren, hatten wir uns noch zu einer weiteren Party entschieden. Es waren zeitweise bis zu 36.000 Geräte online. Das ist schon Wahnsinn.

Du richtest das Festival zusammen mit Nils Langwald aus, der damals im PW1 verantwortlich war. War dieses Revival eine spontane Idee?
Wir sind sehr gut befreundet und waren um die Jahrtausendwende in der gleichen Lebensphase. Das PW1 und auch yooliety.de gehörten damals zur Partyszene dazu. Eine unglaublich tolle Zeit für uns und wir waren sicher, dass es viele andere von damals auch so erlebten.

Ihr holt die Zeit also für ein paar Stunden zurück.
Mit der Musik von damals und am Programm arbeiten wir gerade. Es sind DJs dabei, die alle noch kennen – beispielsweise DJ Tak, DJ Ernesto, Markus Weyer oder DJ Cata. Und wir spielen Hits von Mr. President, Aqua, den Vengaboy, der Hermes House Band, Blümchen und natürlich auch DJ Bobo. Es sind alle Bereiche im PW1 geöffnet und insgesamt wird es einen sehr großen Mix der unterschiedlichsten Musikstile geben. Wir gehen alle ein wenig auf Zeitreise.

War früher tatsächlich alles besser und schöner?
Es ist eine menschliche Eigenschaft, die negativen Erinnerungen auszublenden und deshalb empfinden viele es so, dass damals alles angenehmer war. Das Positive bleibt eher hängen. Ich habe mir da auch schon so meine Gedanken gemacht und vielleicht ist der Blick zurück tatsächlich so etwas wie ein Wohlfühlrückblick. Trotzdem muss ich sagen, dass inzwischen alles noch viel hektischer und schnelllebiger geworden ist. Und deshalb glaube ich fest, dass es für unsere Gäste keine reine Nostalgie ist, sondern sie bewusst dieses Lebensgefühl noch mal wollen – wenn auch nur für ein paar Stunden.

Was hat denn die 1990er und frühen 2000er so ausgezeichnet?
Das war doch eine entschleunigte Zeit, obwohl wir auch schon PC und Handy hatten. Aber es lief anders ab. Wir saßen vor unserem Röhrenmonitor, gingen mit dem Modem ins Netz oder ins Internet-Café. Das ist uns inzwischen gar nicht mehr bewusst, wie sehr das Digitale noch am Anfang war. Das war insgesamt ruhiger als heute und mittlerweile haben wir sogar Künstliche Intelligenz und ich weiß, dass so was das menschliche Gehirn überfordert. Ich glaube, viele Menschen sehnen sich nach einem Anker von damals. Und ganz sicher tragen auch die Weltlage und Probleme wie die Inflation oder die politische Lage dazu bei, dass man sich heutzutage insgesamt unsicherer fühlt als damals.

Zu den Ankern von früher gehört auch yooliety.de, das ein frühes Soziales Netzwerk war und von dir damals wie ein Bienenstock aufgebaut wurde. Jeder, der mitmachte, hatte eine eigene Wabe. Was ist denn aus diesem ganzen Bienenstock geworden?
Wir sind 2017 vom Netz gegangen, allerdings haben wir alle Daten von damals stark verschlüsselt gespeichert und sicher offline verwahrt. Die Waben liegen also wohlbehütet und prinzipiell könnte es jederzeit wieder losgehen.

Du hast das vor?
Ja. Aber perspektivisch, denn mit den Jahren haben sich natürlich auch ein paar gesetzliche Regelungen verändert. Aber das kläre ich mit den entsprechenden Fachleuten.

Nehmen wir mal an, das wäre bald so weit. Dann würden 40- bis 50-Jährige erfahren, was sie vor einem Vierteljahrhundert gepostet hatten. Ein spannender Gedanke.
Genau wie der, dass alle, die jünger als 29 sind, mit uns überhaupt nichts anzufangen wissen. Aber auch das ist völlig normal.

Kommen wir noch mal auf das Festival. Angesichts dieser Nachfrage könnte man doch auf den Gedanken kommen, auch das PW1 wieder zu starten. Oder ist der Gedanke abwegig?
Das ist natürlich nicht meine Entscheidung, aber ich weiß, dass Nils das in der Form wie damals nicht vorhat. Das PW1 steht für einzelne Veranstaltungen sowie Firmenevents zur Verfügung. Ein Regelbetrieb ist nicht geplant. Es gibt heutzutage ohnehin schon einiges an Auflagen mehr – allein schon beim Brandschutz, der rundum erneuert und den aktuellen Vorgaben angepasst wurde. Nein, die beiden Partys sollen in der Form etwas Einmaliges bleiben. Das ist auch schöner so.

Aber Ihr könntet doch sicher noch weitere Male ausverkauft sein.
Das ist wahr und wir freuen uns riesig, dass der Zuspruch so groß ist. Jetzt wollen wir erst mal den Fokus auf die beiden Events legen. Für uns ist es ein Ausflug in die Vergangenheit und vor allem ein Spaß, der uns an die Zeit unserer Jugend erinnern soll. Wirtschaftlich rechnen muss es sich trotzdem, das ist klar.

Die „PW1 & yooliety Festivals” laufen am Samstag, 1. Februar, und Samstag, 8. Februar, jeweils ab 21 Uhr im alten PW1 im alten Bahnhof von Porta Westfalica. Beide Partys sind ausverkauft.