Von Carsten Korfesmeyer

Ali Dogan ist neuer Landrat im Kreis Minden-Lübbecke, Mitglied der SPD, Volljurist und Familienvater. Er trat die Nachfolge von Anna Katharina Bölling an, die jetzt Regierungspräsidentin in Detmold ist. Der 40-Jährige gilt als Experte für Integrationspolitik und auf diesem Gebiet sieht er noch reichlich Luft nach oben. Ali Dogan will auf die Menschen zugehen und auch die erreichen, die mit Politik eher wenig bis gar nichts am Hut haben. News –Das Magazin hat mit dem neuen Landrat im Mühlenkreis gesprochen – nicht nur über die Politik.

Herr Dogan, zu den Mühlenkreiskliniken wollte ich erst gar nichts fragen, jetzt tue ich es doch. Wie sehen Sie die Standortfrage aktuell?
So wie ich es schon vor der Wahl gesagt habe und es auch in den Medien steht. Auf Dauer werden wir uns zwei Neubauten, so wie sie bisher geplant waren, nicht leisten können. Wir beauftragen jetzt einen externen Berater damit, herauszuarbeiten, wie der tatsächliche Bedarf ist. Diese Beratung soll uns dann auch über den Prozess begleiten. Zudem muss noch einmal eruiert werden, wie es um eine mögliche Sanierung des Krankenhauses in Lübbecke steht. Das Thema ist kompliziert. Leider wird in der ganzen Debatte sehr viel Teilwissen verbreitet.

Das ist so, aber Außenstehende blicken nur noch schwer bis gar nicht mehr dadurch. Man fragt sich nur, warum notwendige Sanierungen von Krankenhäusern immer urplötzlich auftauchen? Wie kommt das?
Es ist ein mögliches Phänomen von Bauprojekten in Verwaltungen: Verwaltungen priorisieren gewisse Vorhaben und dann tauchen plötzlich ganz andere Probleme auf und rücken in den Vordergrund. So kann es sein, dass manches vor sich hergetragen werden muss und sich bauliche Zustände dadurch verschlechtern. Hinzu kommen Vorgaben, die aus übergeordnetem Recht herrühren, wie das Vergaberecht, die öffentliche Aufträge sehr langwierig machen. Man muss auch feststellen, dass unsere Bauämter schon seit Längerem unter einem Personalmangel leiden.

Ist das ein generelles Problem der Kommunen?
Es ist grundsätzlich so, dass zu viel Belastung auf den kommunalen Schultern liegt. Das geht auf Dauer nicht gut und wenn wir nichts dagegen tun, kommt irgendwann der Tag, an dem wir die weiße Flagge hissen müssen, wenn Bund und Länder nicht intervenieren. Wir leiden unter Fachkräftemangel – und das gilt auch für den Bausektor.

Sie mussten bei der Landratswahl in die Stichwahl. Wie fühlt man sich in einer solchen Situation?
Ich bin selten aufgeregt und auch in dieser Zeit blieb ich ruhig. Ich wusste, dass ich einen guten Wahlkampf gemacht habe. Schade fand ich es nur, dass es im ersten Wahlgang knapp nicht gereicht hat.

Foto: Sandra Seifen Fotografie

 

Und Sie dann noch mal zwei Wochen stressigen Wahlkampf haben?
Ich habe den Wahlkampf nicht als stressig empfunden, weil ich mit zahlreichen Menschen zusammengetroffen bin und viele sehr gute Gespräche hatte. Die Zeit war schön und ich habe viel Zuspruch aus der Bevölkerung erhalten. Daher habe ich einfach so weitergemacht.

Hatte es Sie denn nicht doch geärgert, in die Verlängerung zu müssen?
Nein, geärgert nicht. Ich fand es nur schade, dass ich dadurch zwei Wochen wertvolle Zeit als Landrat verloren habe. Die Zeit hätte ich gerne in die Aufgaben für den Kreis investiert. In meinen ersten zwei Wochen habe ich zum Beispiel rund ein Viertel aller Kollegen im Kreishaus kennengelernt und alle meine Glückwunschnachrichten beantwortet. Das waren rund 3.000, die mich erreicht haben.

Den Wahlkampf von SPD und CDU haben viele Menschen im Kreis als erfrischend anders empfunden.
Das habe ich auch so empfunden, wobei ich das Gefühl hatte, dass wir Taktschläger waren und die CDU meinen Wahlkampf weitgehend kopiert hat. Vieles, was ich machte, kam von dort dann wenig später auch. Das ist auch überhaupt nicht verwerflich.

Worin lag denn das Besondere an Ihrem Wahlkampf?
Ich bin ganz bewusst zu den Menschen gegangen, die sonst in den politischen Wahlkämpfen keine große Rolle spielen. Viele davon wurden noch nie von Politikern persönlich angesprochen. Und deshalb ist es umso wichtiger, dass wir im Wahlkampf nicht nur zu den Leuten gehen, die sowieso schon zur Wahl gehen. Wir müssen auf alle Menschen aktiv zugehen. Ich habe im Advent auch in Altenheimen mit den Senioren Weihnachtslieder gesungen. Dass wir auf diese Weise mehr Menschen positiv erreicht haben, zeigt ja auch die Wahlbeteiligung. Auch wenn sie insgesamt sehr niedrig war, lag sie deutlich über dem, was bei solitären Landratswahlen üblich ist und von vielen erwartet wurde.

Sie betrug rund 33 Prozent in Minden-Lübbecke. Das ist doch immer noch alarmierend niedrig, oder?
Es gibt zunehmend mehr Menschen im Land, denen soziale Teilhabe fehlt. Viele sind oder fühlen sich abgehängt. Da ist noch viel zu tun und ich denke besonders an Integration. Ich finde, wir müssen noch intensiver auf diese Menschen eingehen. Von alleine ändert sich bestimmt nichts.

Ihr CDU-Mitbewerber Jörg-Michael Schrader ist der Kämmerer des Kreises, der jetzt unter Ihnen arbeitet. Wie läuft das jetzt so?
Das ist überhaupt kein Problem. Wir hatten schon am zweiten Tag nach der Wahl unsere erste Rücksprache und bis jetzt schon mehrere gemeinsame Termine. Das läuft gut und so sollte es auch sein.

Ihnen ist die Nähe zu den Menschen wichtig. Viele verbinden mit dem Landrat eine innere Verbundenheit mit dem Kreis. Sie sind in Enger geboren und waren zuletzt Sozialdezernent in Sankt Augustin. Welche Verbundenheit haben Sie mit dem Mühlenkreis?
Es kommt auf eine regionale Verbundenheit an und die habe ich. Ich bin durch und durch Ostwestfale: Im Kreis Herford geboren und aufgewachsen, in Bielefeld studiert und in Detmold mein Referendariat gemacht. Im Jahre 2009 habe ich für Achim Post Wahlkampf bei der Bundestagswahl in Lübbecke gemacht. Daher glaube ich fest daran, dass man Verbundenheit nicht an Stadtgrenzen festmachen sollte, sondern an der Region. Und zu der habe ich einen engen Bezug. Ich wohne jetzt nur fünf Gehminuten vom Kreishaus entfernt und im Sommer zieht auch meine Familie hierher.

Wie glücklich sind Sie, dass Sie jetzt Landrat sind?
Für mich stand es immer fest, dass es beruflich irgendwann wieder zurück in meine Heimat geht. Dass es nun mit der Wahl zum Landrat geklappt hat, macht mich glücklich, weil ich jetzt viel für unseren Kreis bewegen kann. Und dass es jetzt Minden ist, freut auch meine Frau. Da sie am Rhein aufgewachsen ist, wollte sie immer gerne in einer Stadt mit einem Fluss leben. Das hat jetzt also auch noch geklappt.