Jetzt geht es also bald los: Medizinstudium. Auf Englisch. In Bulgarien. Ob ich wohl aufgeregt sei, mag sich mancher fragen. Ich bin ehrlich: überhaupt nicht.

Im letzten Jahr noch habe ich mich selbst und die Welt dafür verteufelt, in Klasse 9 im Chemieunterricht nicht aufmerksamer gewesen zu sein. Etwas mehr im Unterricht mitgearbeitet zu haben. Dann hätte ich schon studieren können, war der Gedanke. So musste ich die Extrameile durchs „preparatory year“ gehen, vergleichbar mit einem inoffiziellen Vorsemester in Deutschland. Bringen tut das eh nichts, dachte ich mir damals. Rein fachlich hat es das auch nicht, die Vorahnung hat sich bereits nach zwei Tagen bestätigt. Aber einen Studienplatz hat es mir eingebracht, von daher sehe ich darüber mal hinweg. (Wer dazu mehr wissen möchte, schreibt mir gerne eine Nachricht).

Was es mir darüber hinaus aber gebracht hat, und das ist nicht minder viel wert: Ab Oktober werde ich ein „Ersti“ sein, ohne einer zu sein. Denn: Ich muss mich zwar durch die typischen Fächer am Anfang des Medizinstudiums kämpfen, starte aber keinesfalls in ein neues Leben, wie es viele meiner zukünftigen Kommilitonen tun müssen. Ich habe dort bereits ein Leben, habe eine Wohnung und weiß, wo es was zu finden gibt. Ich kenne den Weg zur Uni mittlerweile auswendig, habe meinen Stammfriseur gefunden (heikles Thema) und kenne die Eigenheiten der Einwohner. Das, was meine Mitstudenten in Kürze mit voller Breitseite erwischen wird, habe ich schon im Laufe des letzten Jahres erlebt.

Ob mir das natürlich im Laufe des ersten Studienjahres lange ein Vorteil sein wird, bleibt abzuwarten. Denn der Lehrplan für Jahr eins hat Potenzial, Stressresistenz auf die Probe zu stellen. Eine Kostprobe? Biologie, medizinische Physik, medizinische Chemie, Latein, Ethik und – mein absoluter „Favorit“ – Bulgarisch (ich hoffe, man liest die Ironie an dieser Stelle). Wer als sich als Westeuropäer schon mal an einer Sprache versucht hat, die auf dem kyrillischen Alphabet aufbaut, weiß was ich meine. Vielleicht mangelt es mir hier aber auch einfach an sprachlichem Talent. An unsere bulgarischen Mitmenschen: Nehmt es mir nicht übel – ich weiß, Deutsch zu lernen, ist auch nicht leicht.

Also, was sind nun meine Erwartungen an das erste Jahr? Ganz einfach: Ich habe keine. Ich bin auch nicht aufgeregt. Ich lasse dieses Abenteuer jetzt einfach auf mich zukommen. Ich weiß, dass ich in einem maximal internationalen Umfeld den Arztberuf erlernen werde – und mit diesem Gedanken werde ich Mitte September wieder in den Flieger gen Südosteuropa steigen. Das hat das erste Jahr im Ausland bereits mit mir gemacht – ich kann aus Deutschland gar nicht schnell genug wegkommen. Das mag sich reißerisch anhören, ist aber die Wahrheit. Ich habe Deutschland in den ersten 25 Jahren meines Lebens höchstens fünf, vielleicht sechs oder sieben Mal verlassen. Allein seit meinem Umzug im Oktober 2023 habe ich sechs Länder gesehen (was natürlich auch dem doch recht „entspannten“ Vorbereitungsjahr zuzuschreiben ist). Ob ich mit offeneren Augen durch die Welt gehe? Auf jeden Fall. Ob ich nach dem Studium wieder nach Deutschland ziehe? Das wird man sehen. Aber eins nach dem anderen…

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