news September 2019 | Sport | 101
Hat sich die Physiotherapie verändert?
Ja, sie ist umfassender geworden. Früher bezog
sich alles rein auf den Körper. Inzwischen betrachtet
man den Menschen insgesamt. Es sind so
viele Faktoren, die zusammenkommen können.
Dafür müssen sich die Menschen Ihnen gegenüber
aber auch öffnen.
Das ist so – und sogar für den Behandlungserfolg
ganz entscheidend. Ich unterliege natürlich der
Schweigepflicht.
Und wenn Sie merken, dass seelisch zu viel im
Argen ist?
In diesen Fällen leite ich meine Patienten an einen
Mentalcoach weiter.
Sie kommen vom Handball und betreuen die ersten
Mannschaften von LiT Tribe Germania. Also
Dritte Liga und Oberliga. Ist Sport Ihr Schwepunkt?
Die Arbeit mit den Handballern von LiT macht mir
enorm viel Spaß. Denn die Physiotherapie wird
im Sport immer wichtiger, weil die körperlichen
Anforderungen so hoch sind, dass die Spieler oft
bis ans absolute Limit gehen müssen. Wir arbeiten
sehr erfolgreich zusammen und ich ziehe aus
der Zusammenarbeit auch wichtige Erfahrungen.
Ich will mich fachlich noch weiterentwickeln und
bin sehr neugierig auf das, was kommt.
Ein Kreuzbandriss hat Ihre Karriere bei GWD beendet.
Wie sehr trauern Sie dem aktiven Sport
hinterher?
2013 ist das passiert und in diesem Moment
wusste ich sofort, dass etwas Schlimmes geschehen
ist. Als ich 15 war, bin ich in die GWDWG
in der Drabertstraße gezogen und mein Alltag
war professionell organisiert und bestand
aus Training und Schule. Damals ging ich aufs
Besselgymnasium, wo ich 2015 auch mein Abitur
gemacht habe. Ich habe von der B- bis in die
A-Jugend bei GWD gespielt und hätte gerne noch
weiter gemacht.
Durch die Verletzung sind Sie aber auch mit der
Physiotherapie in Kontakt gekommen. Ein kleiner
Wink des Schicksals?
Womöglich sollte das so sein. Dadurch habe ich
einen Beruf gefunden, der mich rundum erfüllt.
Ich helfe gerne anderen.
Kann es sein, dass Sie durch Ihre eigenen Erfahrungen
ein besonderes Feingefühl für die
Situation von verletzten Sportlern bekommen
haben?
Auf jeden Fall, denn ich kann mich in deren Lage
gut hineinversetzen. Ich kenne dieses Gefühl der
Hilflosigkeit, wenn man verletzt ist. Für einen
Sportler sind solche Situationen die Höchststrafe.
Was mich zum Schluss noch interessiert: Als Physiotherapeut
sind Sie darauf geschult, die Körperhaltung
anderer Menschen einzuschätzen.
Man begegnet doch ständig Menschen? Können
Sie überhaupt abschalten?
Ich weiß, dass so etwas vielen Berufen nachgesagt
wird. Klar könnte ich mir auch Gedanken
über die Haltungsprobleme von Menschen machen,
die mir zufällig auf der Straße begegnen.
Aber ich kann das außerhalb der Praxis ganz gut
ausblenden. Und das ist auch gut so, denn wir
wissen ja alle, dass nahezu jeder Mensch heutzutage
Probleme mit dem Rücken hat.
Matthias Kranz auf Instagram
instagram.com/physiotherapie.matthiaskranz
Physiotherapeut
Matthias Kranz betreut
in der neuen Saison
erneut Lit Tribe Germania.
Fotos: privat