news August 2019 | Kultur | 33
Von Andrea Williams
Bereits als kleiner Junge wurde Fabian Boenig (26)
von Rap sozialisiert. Da war es nur eine Frage der
Zeit, bis er unter dem Namen Shogoon selbst zum
Mikrofon griff. Inzwischen wohnt er in Berlin und
hat als Musiker noch sehr viel auf seiner Agenda
stehen. Sein Vorbild Curse spielte dabei von Anfang
an eine sehr große Rolle.
Dank Curse hast du als Kind deine Liebe zum Rap
entdeckt. Nun hat er dir für deine EP via Instagram
Feedback gegeben. Was bedeutet dir das?
Ich kann es nicht auf ein paar Worte runterbrechen.
Der 13-jährige Fabi würde mir jetzt auf
jeden Fall auf die Schulter klopfen. Ich bin mir
nicht sicher, ob er von Anfang an wusste, dass ich
auch aus Minden komme. Das tut auch eigentlich
nichts zur Sache, aber von jemandem, der einen
so sehr geprägt hat, Feedback zu bekommen, war
schon ein Punkt, der sehr weit oben auf meiner
Bucket-List stand.
Deine EP erscheint am 26. Juli. Was erwartet die
Hörer auf „Akt I: 32425“?
Es wird fünf Songs geben. Ich wollte weder zeitgeistige
Musik noch hängen gebliebenen Boom-
bap machen und ging all meine G-Funk-, (T)Rap-
und Soulplatten durch, die ich cool fand, und
pickte mir quasi alles raus, was mir am jeweiligen
Subgenre gefiel. Die EP ist der erste von drei Akten.
Bei diesem Auftakt handelt es sich um eine
Minden-Kleinstadt-Platte. Dank Fender Rhodes
und Stratocaster Gitarren ist sie tatsächlich sehr
westcoastig geworden. Ich dachte mir, dass das
sehr geil passt, da Ostwestfalen im Westen von
Deutschland liegt. Es ist sehr organisch, sehr soulig,
aber an den richtigen Stellen auch sehr modern
und beinhaltet zum Großteil sehr moderne
Tempi ohne Trap-Anleihen. Hört einfach rein.
Hast du einen Lieblingstrack deiner EP?
Da ich alles selbst produziere, hörte ich jeden
Song gefühlt 80 Mal. Irgendwann kann man sie
dann, ehrlich gesagt, nicht mehr hören. Die beiden
Teaser „Cremeweiß“ und „6 km/h“, die sich
nicht auf der Platte befinden, höre ich momentan
lieber, da sie aktueller sind. Meine Favoriten der
EP sind am ehesten das Outro namens „Kippenpause“
und der Titelsong. Das Outro spannt den
Rahmen zum nächsten von insgesamt drei Akten.
Darauf wird ein Album oder ein großes Mixtape
folgen.
Von wem hast du dir während der Produktion
Feedback
geholt?
Ich machte die Platte im stillen Kämmerlein und
niemand wusste, dass ich daran arbeite. Und als
ich sie verschickte, kam sehr gutes Feedback zurück.
Dazu zählten das Label und meine Freunde,
bei denen ich mir ganz sicher sein konnte, dass
sie mir keinen Mist erzählen. Besonders in der
Hip-Hop spielt im Leben von Shogoon eine große Rolle. Foto: Bennett Stadler
Kleinstadt hat man schnell einen Kreis von „Yes-
Sayern“ um sich, sobald man etwas Exotisches
macht. Da muss man aufpassen. Und durch den
krassesten Zufall kam halt das Feedback von
Curse, ohne dass ich es beabsichtigt hatte.
Ist es dein Ziel, von der Musik leben zu können?
Auf jeden Fall. Allerdings bin ich ein viel zu unsicherer
Mensch, um nur von meiner eigenen Musik
leben zu wollen. Ich möchte generell im musikalischen
Sektor auch für andere Leute arbeiten.
Hast du schon was für andere gemacht?
Ja, aber bei Produktionen war kaum etwas Namhaftes
dabei. Beim Schreiben habe ich schon
einigen Leuten geholfen, aber darüber spricht
man ja nicht.
Hast du auch das Gefühl, dass hier in der Region
die Anzahl junger Rapper stark wächst? Sie
rappen oft über Themen, die ihre Vorbilder à la
187 Straßenbande von sich geben. Du dagegen
betonst die einfachen Verhältnisse, aus denen du
kommst. Regt dich das auf?
Hip-Hop spielte seit der Trennung meiner Eltern,
als ich zehn Jahre alt war, eine große Rolle
bei meiner Sozialisierung. Hip-Hop nahm quasi
die Elternrolle ein. Die eine Instanz war Sido, die
andere Seite war Curse. Ich bin also zur Hälfte
mit Aggro Berlin sozialisiert. Im Endeffekt ist 187
nichts anderes vom Impact her. Meine Songs kreisen
um ähnliche Thematiken. Früher baute ich relativ
viel Mist und hörte nur den allerhärtesten
Gangsta-Rap, außer wenn keiner guckte und ich
abends mit dem Hund rausging. Dann hörte ich
Curse und machte mir Gedanken, die etwas tiefer
gingen. Rein musikalisch gesehen, finde ich gerade,
was 187 angeht, alles relativ okay. Es ist total
wichtig, solche Musik zu hören, um ein Gespür
dafür zu bekommen, was es noch für Parallelgesellschaften
gibt. Allerdings habe ich ein Problem
damit, wenn Sachen eindeutig affektiert sind und
viele jüngere Konsumenten oft nicht mehr zwischen
Entertainment und Realität unterscheiden
können.
Gibt es weibliche Rapperinnen, die du feierst?
Ja, aber ich mache bei Frauen und Männern im
Rap nicht so viele Unterschiede. Es ist einfach
Hip-Hop, und wir sind alle eins. Es ist schade,
dass Frauen-Rap oft nicht ernst genommen wird.
Schaut man sich deinen Instagram-Kanal an, bist
du offensichtlich ein großer Vinyl-Liebhaber. Wie
viele Platten hast du?
Es sind so um die 350 Stück. Es könnten mehr
sein, aber ich bin Student. Da sitzt das Geld nicht
so locker.
Und wie viele Sneaker hast du?
Ein bisschen weniger. Jetzt sind es gerade knapp
über 100. Ich bin ungelogen täglich zwei Stunden
auf Kleiderkreisel unterwegs, um Schnapper zu
machen. Das klappt relativ gut.
Kann man dich live erleben?
Auftritte sind noch in der Planung. Wahrscheinlich
wird es zur zweiten oder zur dritten EP, die im
besten Fall noch in diesem Jahr herauskommen,
eine Release Party und Auftritte in kleinen Clubs
geben. Ich möchte Routine bekommen, damit ich
im Sommer 2020 hoffentlich bei kleinen Festivals
auftreten kann.
Du wirst doch hoffentlich auch hier auftreten?
Wenn Anfragen reinkommen, auf jeden Fall.
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