Dr. Nest
Foto: ©Valeria-Tomasulo
news März 2019 | Kultur | 37
Frühling auf der großen Bühne
Im März gibt es im Mindener Stadttheater allerhand zu sehen.
Der März ist voller Höhepunkte im Mindener
Stadttheater. Die Reihe „Kabarett statt Karneval“
ist einer davon – und die Besucher dürfen sich
zum Start in den Frühling auf einen Monat freuen,
in dem es Unterhaltung unterschiedlichster Genres
gibt. Lisa Fitz tritt mit ihrem Programm „Flüsterwitz“
beispielsweise am Mittwoch, 13. März, um
20 Uhr, auf.
Den „Flüsterwitz“ erzählt man hinter vorgehaltener
Hand. Er könnte Menschen in Hörweite beleidigen,
sensible Damenohren kränken oder so
wahr sein, dass er Machthabern gefährlich wird.
Eigentlich ist der Flüsterwitz ein politischer Witz.
Wenn man mit einem autoritären System haderte
oder Repressalien befürchtete, erzählte man sich
Flüsterwitze. Sind wir in unserer demokratischen
Diktatur der Parteien so weit? Wer nicht in die
politische Stromlinienform passt, wird mit subtilen
Methoden mundtot gemacht. Das mulmige
Gefühl wächst, dass man sich nicht mehr ganz frei
äußern kann. „Des derfst ja net laut sagen“, hört
man oft.
Lautsagen ist aber wichtig – ma muaß reden mitanand,
Gemunkel aus dem Dunkeln ins Licht heben,
so geht Diskussionskultur. In Bayern, bei den
Katholiken, bei den Moslems, bei der Auto-Lobby
und deren Helfershelfern. In Facebook und Twitter
jedoch verschwinden systemkritische Bemerkungen
auf mysteriöse Weise, Accounts werden
gesperrt oder gelöscht. Political Correctness wird
zu Meinungsdiktatur, Gesinnungspolizei bevormundet
die Bürger, die kontern mit Panikmache.
Empörialismus entgeistert die Republik. Sei du
selbst die Veränderung, die du dir wünschst,
heißt es. Hier muss Lisa Fitz ran – eine Frau, die
sagt und singt, was sie denkt. Laut. Mit Verve. Mit
Witz. Mit Haltung. Die sich nicht drum schert, ob
sie auf linke oder rechte Füße tritt und die furchtlos
wie eine Amazone den Bogen spannt und in
alle Richtungen zielt.
Ein besonderes Theaterstück ist auch die Inszenierung
„Dr Nest“, die am Donnerstag, 28. März,
20 Uhr, im Stadttheater zu sehen ist. Hajo Schüler,
Michael Vogel, Fabian Kalbitzer, Benjamin Reber,
Björn Leese, Anna Kistel, Fabian Baumgarten, Mats
Süthoff wirken in der Inszenierung von Familie
Flöz mit. Familie Flöz kehrt in seinem neuen Stück
zurück zur Maske. Mit ihr und durch sie hindurch
wirft das Ensemble seine Blicke auf die rätselhafte
Kartografie des Gehirns und in die Tiefen der
Seele. Inspiriert durch paradoxe Fallbeschreibungen
aus dem weiten Feld der Neurologie öffnet es
die Türen einer fiktiven Heil- und Pflegeanstalt
und offenbart die bizarren Welten seiner Bewohner
– und des Personals. Bewegung, Raum, Wort,
Licht und Klang erschaffen eine ebenso tragische
wie komische Erzählung von der Zerbrechlichkeit
menschlicher Leben.
Die Handlung des Stücks ist folgende: Als Dr. Nest
den Nachtzug besteigt, bestrebt bittere Erinnerungen
und sein zerfahrenes Leben hinter sich zu
lassen, kehrt in der „Villa Blanca“ die Nachtruhe
ein. In der abgelegenen Heilanstalt, ein Sammelplatz
verrückter Schicksale, tritt er seine neue
Stellung an. Getrieben von Neugierde, Wissensdurst
und Empathie trifft er dort auf die ebenso
sonderbaren wie rätselhaften Phänomene seiner
Patienten: Verloschene Erinnerungen, Körper mit
Eigenleben, gespaltene Persönlichkeiten, Dämonen
und Wahnbilder. Dr. Nest droht bald selbst
die Ordnung zu entgleiten. Was zunächst befremdet,
erscheint schnell als ein aberwitziger Spiegel
eigener Zweifel und Unsicherheiten. Die feine Linie
zwischen normal und nicht normal, zwischen
bewusst und getrieben, zwischen gesund und
krank verbleicht vor seinem Auge.
Das komplette März-Programm
im Mindener Stadttheater
findet Ihr im Internet unter
www.stadttheater-minden.de
Lisa Fitz mit ihrem
Programm „Flüsterwitz“
Foto: ©Dominic Reichenbach