
Dreiecksbeziehung – das klingt kompliziert. Oder
aufregend. Auf jeden Fall irgendwie spannend.
Dabei ist die wohl häufigste Dreiecksbeziehung
eine ziemlich gewöhnliche: Das Verhältnis zwischen
Arbeitnehmer, Unternehmer und Arbeitgeber
– oder auch Zeitarbeit. Die „Arbeitnehmerüberlassung“,
wie sie im korrekten Amtsdeutsch
heißt, hat keinen besonders guten Ruf – und doch
ist sie für viele Menschen eine echte Chance,
über Berufserfahrung den Weg in eine reguläre
Beschäftigung zu finden. Im Jahresdurchschnitt
2019 waren laut Agentur für Arbeit 1.895.000 Menschen
in Deutschland in Leiharbeit. Wie sich die
Corona-Krise auf diese Zahlen auswirkt, ist noch
unklar. Klar ist aber schon jetzt: 2020 dürfte die
Zahl niedriger sein.
Mehrheitlich männlich
Die Mehrzahl der Zeitarbeitnehmer ist männlich
und jünger. Der Anteil derjenigen, die keinen Berufsabschluss
haben, ist größer als bei den Beschäftigten
88 | news Oktober 2020
insgesamt. Auch der Ausländeranteil
ist höher. Leiharbeiter verdienen weniger als Arbeitnehmer,
die direkt bei den Unternehmen angestellt
sind. Denn natürlich verdienen auch die
Vermittler, die Zeitarbeitsfirmen, an dem Modell.
Sie müssen dafür die Zeitarbeiter allerdings auch
bezahlen, wenn sie keine Arbeit für sie haben.
Klar ist aber auch: Zeitarbeit bietet jungen Menschen,
Geringqualifizierten und Ausländern eine
Einstiegsmöglichkeit in den Arbeitsmarkt.
So hat das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln
die Integration Geflüchteter von 2015 bis heute
unter die Lupe genommen. Eines der Ergebnisse:
35% der beschäftigten Geflüchteten fassten ab
2015 Fuß in der Zeitarbeitsbranche und konnten
sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch in der
Gesellschaft erfolgreich integriert werden. Die
Quote sozialversicherungspflichtig beschäftigter
Menschen aus den acht Hauptherkunftsländern
der Asylbewerber stieg in den vergangenen fünf
Jahren auf 28,9 Prozent im Mai 2020 – im Frühsommer
2015 hatte sie noch bei gut 18 Prozent
gelegen. Der Anteil der Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung
liege bei Arbeitnehmern
aus den acht Asylherkunftsländern mit 15 Prozent
doppelt so hoch wie bei den Ausländern insgesamt,
stellte das IW fest.
Ausgebaut wurde der Zeitarbeitssektor in
Deutschland ab dem Jahr 2003 unter Wirtschaftsminister
Wolfgang Clement. Als Teil der Agenda
2010 sollte die Arbeitnehmerüberlassung helfen,
Arbeitslose in Beschäftigungsverhältnisse zu
bringen. Die Idee dahinter: Unternehmer können
zum einen in Boomzeiten schnell und ohne großen
bürokratischen Aufwand fehlende Arbeitskräfte
einstellen. Ist die Auftragslage schlechter,
können sie die Arbeitskräfte wieder loswerden,
ohne dass die ihren Job verlieren. Zum anderen
gewinnen die Arbeitskräfte praktische Erfahrungen
und kommen in Kontakt mit den Unternehmen
– ihre Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt
steigen.
Sprungbrett in den festen Job?
Prinzip Zeitarbeit – eine mögliche Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt
Fotos: Anna Earl/Ahsanization/Andrew Neel on Unsplash