Lifestyle

Droge oder Arznei?

Seit einem Unfall leidet Michael Ryglewski (50) unter chronischen Schmerzen. Schmerzmittel halfen nicht. Erst seit er Cannabis-Öl zu sich nimmt, kehrt bei dem Mindener die Lebensqualität zurück.

Michael Ryglewski hat seinen linken Arm bandagiert. Nur seinen Arzt und seine Physiotherapeutin dürfen ihn dort berühren. Schon ein leichter Kontakt reicht aus, um einen stechenden Schmerz auszulösen. Der Mindener leidet unter „Morbus Sudeck“ – einer bislang unheilbaren Krankheit. Nach Operationen oder Entzündungen löst sie chronische Schmerzen aus, die sich immer weiter im Körper ausweiten können. Bei Ryglewski trat sie auf, nachdem er sich bei einem Sturz von der Leiter die linke Hand gebrochen hatte. „Das war am 31. Mai 2017“, sagt er. Ein Tag, der sein Leben veränderte.

 

Stechende Schmerzen traten nach der Operation des komplizieren Bruchs auf. Sie weiteten sich im gesamten Arm aus und wichen auch nicht, als der Bruch verheilt war. Das sei typisch für Morbus Sudeck, erzählt Ryglewski. Es sei die Hölle gewesen und er musste Unmengen an Schmerzmitteln nehmen, die Nebenwirkungen zeigten, das Leiden aber nicht bremsen konnten. Nachts konnte er nach eigenen Angaben nicht mehr schlafen und tagsüber begleitete ihn der Schmerz auf Schritt und Tritt. Der sonst so agile und selbstbewusste Mann musste sich in allen Lebenslagen helfen lassen. „Kaum zu ertragen“, sagt er.
Dann stieß Ryglewski vor einiger Zeit auf die schmerzsenkende Wirkung von Cannabis-Öl, die nichts – aber auch gar nichts mit dem Konsum von Drogen zu tun habe. Die Wirkung der Cannabis-Pflanze könne den Schmerz lindern, ohne nur den Ansatz eines Rausches auszulösen. Um das mitzuteilen, wendet sich der 50-Jährige an news – Das Magazin. Er möchte die positiven Eigenschaften von Cannabis herausstellen, die nach seinen Worten in der Medizin nicht richtig gewürdigt werden. Denn Cannabis-Öl sei eindeutig keine Droge.

Und er weiß, dass seine Meinung in der Medizin sehr kontrovers diskutiert wird. Viele Ärzte halten nichts von Cannabis, andere schon. Und auch die Kassen tun sich schwer damit, die Pflanze als ein Arzneimittel zu sehen. „Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Cannabis als Medizin weder ein Allheilmittel ist, noch zu massenhaften Anwendung taugt“, schreibt beispielsweise die Techniker Krankenkasse (TK) auf ihrer Homepage www.tk.de. Nach der neuen Gesetzeslage können Ärzte Cannabis in pharmazeutischer Qualität schwerkranken Menschen in Ausnahmefällen allerdings verordnen. „Ausnahmen sind, wenn keine dem medizinischen Standard entsprechende Alternative besteht oder der behandelnde Arzt eine andere Therapie nicht für sinnvoll hält. Zudem muss eine begründete Aussicht bestehen, dass sich der Krankheitsverlauf für den Patienten verbessert und schwerwiegende Symptome gelindert werden“, heißt es dort weiter. Bei Ryglewski jedenfalls trat eine Linderung ein.
Inzwischen hat er deutlich weniger Schmerzen und die Lebensqualität kehrt bei ihm zurück. „Ganz werde ich das nie los“, sagt er und verweist darauf, dass Cannabis kein Heilmittel ist. Es lindere und unterstütze, sodass es ihm hoffentlich bald wieder möglich sei, ein weitgehend normales Leben führen zu können. Unterstützung bekommt Ryglewski von seiner Ehefrau Daniela, die von einer Zeit voller Belastungen spricht. „Die jetzt hoffentlich hinter uns liegt.“
Seinen Beruf als Taxifahrer wird Ryglewski nach eigenen Worten nicht wieder ausüben können. Aber er macht inzwischen wieder berufliche Pläne und blickt zuversichtlicher nach vorne. „Ich werde aber noch lernen müssen, nicht ständig an die Krankheit denken zu müssen“, erzählt er. Es gelte, einen Weg zu finden, mit dem „Morbus Sudeck“ zu leben, der sich ausbreiten und jederzeit melden kann. Und Ryglewski wirkt wie einer, der das dann auch noch packt.