Die Tücken der Weihnacht
Das Fest der Liebe lädt zur Besinnlichkeit ein, hat aber durchaus auch ein paar Stolperfallen. Wie man den Fettnäpfchen an den Feiertagen aus dem Weg gehen kann, zeigt euch unsere kleine fiktive Geschichte.
Nun steht es wieder ins Haus, das Fest der Liebe. Doch wenn die ganze Familie zusammenhockt, ist Unfriede ja geradezu vorprogrammiert. Der Baum steht schief, die Gans ist zäh – und wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, dem Nachwuchs diese schreckliche singende Puppe zu schenken? Wer wirklich besinnliche Weihnachten verleben will, muss alleine auf eine einsame Insel fahren – oder einige Klippen umschiffen.
Gedichte aufsagen
In zahlreichen Familien ist das nach wie vor der Fall: Am Heiligabend werden Gedichte aufgesagt – meist müssen dann die Kinder ran. Wer Loriots „Weihnachten bei Hoppenstedts“ vor Augen hat, weiß in etwa, wie das enden kann. Alles wirkt durchorganisiert und der Ruf „Und dann machen wir es uns so richtig gemütlich“ sorgt exakt für das Gegenteil. In Loriots Geschichte steht das Aufsagen des Gedichts im Blick und sagt uns eins: Lasst es lieber sein, wenn es erzwungen wird. Das sorgt für das genaue Gegenteil und dafür, dass am Ende nichts mehr gemütlich ist.

Der Weihnachtsbaum
Groß und schlank steht er dort, der Verkäufer preist den geraden Wuchs an. „Zu groß“, sagt er. „Wunderschön“, sagt sie. „Passt bei uns nicht rein“, sagt er. Und: „Teuer ist der auch.“ Eine halbe Stunde später schleppt er ihn dann ins Wohnzimmer, wo er nicht aufgerichtet werden kann. „Der ist zu groß“, sagt sie. „Hättest Du auch vorher sagen können!“ „Hab ich“, sagt er. „Hättest Du auch vorher sagen können!“, sagt sie.
Etwa eine halbe Stunde und mehrere abgesägte Holzscheiben später passt er dann endlich. In der Höhe. „Links, ein bisschen mehr links!“, sagt sie. „Liiinks!“ „Meinst du rechts oder das andere links?“, fragt er. „Nein!“, sagt sie. „Noch ein bisschen nach rechts. So!“
Das Spannende an Weihnachtsbaumständern ist ja übrigens, dass sich der Baum immer noch mal bewegt, wenn er endlich festgemacht wird. Das ist offenbar ein Naturgesetz. Mal abgesehen davon, dass sich Äste nach unten neigen, wenn sie reich behängt werden. Ganz zu schweigen davon, dass der Stern an der Spitze auch eher selten richtig hängt.
Wer will, dass aus dem Aufstellen des Weihnachtsbaumes keine Beziehungskrise wird, übt sich in Geduld. „Wegatmen“ ist das Zauberwort. Selbst wenn dabei ein Zweig ins Auge pikst. Und es soll auch helfen, einen Baum zu umarmen. Ist ja zum Glück gerade einer da.

Die Weihnachtsgans
„Was essen wir an Weihnachten?“ Was mit einer harmlosen Frage beginnt, hat ebenfalls das Zeug zu einer Familienkrise. Oma und Opa wollen Gans. Den fettigen Vogel hätte aber irgendjemand ein paar Wochen vorher bestellen müssen. Ist aber nicht passiert. Außerdem gab es in seiner Familie Heiligabend immer nur Suppe.
„Ich will aber was Richtiges essen“, sagt sie. „Können wir doch am Ersten Weihnachtstag machen“, sagt er. „Spa-ghe-tti, Spa-ghe-tti, Spa-ghe-tti!“, sagen die Kinder. „Rotkohl und Klöße“, sagen die Schwiegereltern.
Durchatmen. Und alles machen. Schließlich hat man ja auch drei Tage, die Essensmassen aufzuessen.
Adventskranz
Klassisch grün mit roten Kerzen – so muss ein Adventskranz aussehen. Findet er. Sie findet, dass das nicht zu den Möbeln passt. Und außerdem nadelt. „Macht der Baum auch“, sagt er. „Das ist was anderes“, sagt sie. „Ich finde den anderen aber schöner. Hat meine Mutter schon so gemacht“, sagt er. „Dann machen wir es dieses Jahr anders“, sagt sie.
Wenige Tage vor dem ersten Advent zieht dann das „Ding“ ein. Immerhin hat es vier Kerzen. Und wenn es dunkel ist und die Kerzen brennen, sieht es fast aus wie ein Adventskranz. „Wie findest du ihn?“, fragt sie. „Geht“, sagt er. Und macht das Licht aus.
Kekse backen
Gefühlt war das gerade mindestens eine Tonne, die man da eben ausgestochen und mühsam (Mist, gerissen!) auf die Backbleche gelegt hat. Mit Liebe dekoriert, nach Uromas Spezialrezept. In der Keksdose landen komischerweise nur ein paar Gramm, was nur bedingt daran liegt, dass zwischen Arbeitsplatte und Backblech ein Teil des Teigs abgezweigt wurde.
Sicherlich, ausgestochene Kekse gehören zu Weihnachten wie der Baum und das Kind in der Krippe. Aber wer große Mengen in kurzer Zeit backen will, sollte auf runde Kekse umsteigen: Teig in Rollen geformt lässt sich schnell in Scheiben schneiden. Mit entsprechender Deko in Stern- oder Tannenform sehen die Kekse schnell recht weihnachtlich aus.
Das Krippenspiel
Auch wenn die Bänke sonst eher leer bleiben: An Heiligabend gehört ein Kirchenbesuch einfach dazu. Wenn alles glattgeht, mit Krippenspiel. Jetzt gilt es die perfekte Mischung zu finden: Wer selber kleine Kinder hat, hat kaum eine Wahl: Die meisten Gemeinden haben einen Kindergotttesdienst im Programm, der das Rundum-sorglos-Paket bietet: Krippenspiel, nicht zu lang und voll mit anderen Kindern, die auch nicht still sitzen können.
Ohne Kinder kommt es auf die persönlichen Vorlieben an: Der klassische Gottesdienst oder lieber die Mitternachtsmesse? Kerzen und Musik oder lieber die klassische Predigt? Lieber eine altehrwürdige Kirche in der Innenstadt oder doch die in der Nachbarschaft?
Ganz kompliziert wird es übrigens, wenn der eigene Nachwuchs beteiligt ist. Dann ist die Entscheidungsfreiheit dahin. Immerhin kann man das Loben schon mal üben. Später, wenn die selbst gebastelten Geschenke unter dem Baum liegen, muss man ja wieder begeistert sein. Gut, wenn man sich da nach dem Krippenspiel schon mal warm gemacht hat.
Geschenke
„Wir schenken uns nichts. Oder nur was ganz Kleines.“ Wenn sie das gesagt hat: Kauf ein Geschenk. Ein richtig großes. Wenn er das gesagt hat: Kauf ein Geschenk. Ein kleines. Spielkram. Aber nicht keines. Auch Männer haben Gefühle.