Bilder, die sich selbst entwickeln
Beim Gießen von Acryl geben die Künstler die Interpretation ihrer Werke bewusst aus den Händen. Was dann passiert, ist wie das Leben.
Von Carsten Korfesmeyer
Das Gießen von Acryl zählt zu den abstrakten Kunstformen in der Malerei und überrascht selbst die Künstler immer wieder. Farben werden auf die Leinwand aufgetragen und dann verrieben. Das geschieht mit Papier, Bechern, Luftballons oder auch einem Föhn. Während dieses Prozesses verbinden sich die Töne und es entstehen Bilder, die sich schlichtweg von selbst entwickeln. „Die Farben freunden sich miteinander an“, sagt Milena Rasche. Gemeinsam mit ihren Künstlerkollegen Roland Franke und Daniel Christiani stellt sie ihre Werke im Treppenhaus von „Wildside Tattoo“ in der Mindener Simeonstraße 25 aus. Die rund 120 Exponate sind dort zu besichtigen – auf Voranmeldung. Und wer die dort sieht, stößt auf Spannendes.
Plötzlich zeigte das Bild von Daniel Christiani ein Gesicht. „Noch nach ein paar Stunden können die Farben sich verändern“, sagt der 41-Jährige. Jedes Werk, das in Acryl gegossen wird, ist ein Unikat und lässt sich so nicht noch einmal erstellen. Kleine Poren bilden sich auf der Leinwand, die kein Pinsel dieser Welt mit der Hand erzeugen könnte. Die Künstler dieser Maltechnik bringen die Sache nur auf den Weg. Was dann passiert, zeigt sich erst später. Wie so oft im Leben.
Jedes Bild sendet unausgesprochen die Botschaft, die wir immer wieder selbst erleben. Der Mensch kann sein Schicksal nur bedingt beeinflussen. Er kann die Voraussetzungen für etwas schaffen, ob der gewollte Erfolg eintritt, entzieht sich dann in aller Regel seines Einflussbereichs. Die Dinge nehmen einfach ihren Lauf und letztlich muss man akzeptieren, was passiert. So wie es die Bilder erzählen.
Von den Betrachtern der Bilder ernten die drei Künstler viel Lob. Es sind überwiegend lebensfrohe Farben und die Werke strahlen positive Stimmungen aus. Einige dieser Exponate haben auch Neonfarben, die unter Schwarzlicht eine ganz besondere Wirkung entfalten. „Rund drei Tage dauert es, bis ein Bild richtig getrocknet ist“, sagt Roland Franke. Wichtig bei dieser Kunsttechnik sei, dass viel Farbe auf der Leinwand ist. „Die muss richtig schwimmen“, sagt er im Gespräch.
Wie geht es mit den Bildern weiter? Da haben die drei Künstler schon ganz konkrete Vorstellungen. Sie möchten die Bilder per Leih-Abos unter anderem Firmen, Praxen oder Kanzleien zur Verfügung stellen. Die Exponate würden dann für eine bestimmte Zeit dort hängen – und dann nach einer gewissen Zeit gegen andere ausgetauscht. So hinge in den Räumen immer ein anderes Bild. „Natürlich können die Bilder dann auf Wunsch ausgesucht werden“, sagt Milena Rasche. Eine erste Kooperation hat sich bereits ergeben. Jeweils fünf acrylgegossene Bilder sind in den Räumen des Mindener Hospizes zu sehen. Die Rückmeldungen seien von dort bislang rundum positiv gewesen.
Die drei Mindener kennen sich schon seit vielen Jahren und es ist nicht das erste Mal, dass sie gemeinsam künstlerisch unterwegs sind. Vor rund drei Jahren haben Daniel Christiani, Roland Franke und Milena Rasche mit dem Gießen des Aryls begonnen. Etliche Male hat sich ein überraschender Effekt eingestellt. „Es ist immer wieder toll, was dabei passiert“, sagt die 41-Jährige. Wer die Bilder in den Räumen von „Wildside Tattoo“ betrachten möchte, sich für ein Leih-Abo interessiert oder über die Kunsttechnik informieren möchte, kann sich bei ihr unter Telefon (01 76) 72 68 88 85 melden.