Das Thema Kneipp wirkt leider altbacken und besitzt ein — zu Unrecht- angestaubtes Image, denn seine Heilungsansätze sind aktuell wie eh und je, wenngleich der ehemalige Pfarrer bereits seit mittlerweile 126 Jahren verstorben ist. Sein Erbe, das große Gesundheitswissen und die nachweisliche Heilkunst, bleibt aber bestehen und wird weiterhin angewendet und in der Sebastian-Kneipp-Akademie gelehrt und vermittelt.

Die Lehre von Kneipp umfasst 5 Elemente: Bewegung, Ernährung, Lebensordnung (psychische Gesundheit), Kräuter und Wasser. Letzteres ist sicher das bekannteste Element, für das Kneipp international berühmt wurde. Heutzutage spricht man von der sogenannten Hydrotherapie. Die Heilkraft des Wassers ist unbestritten und die Anwendungsmöglichkeiten von Kaltwasser-, aber auch von Wechselanwendungen (erst warm, dann kalt), wie Bäder und Güsse, sind sehr vielfältig. Ebenso gehören Bürstenmassagen, Wickel und Waschungen mit zu den Kneippschen Anwendungen dazu.

Der Pfarrer selbst konnte mit seinen Kaltwasseranwendungen noch während des Theologiestudiums seine Tuberkulose heilen, indem er sein Immunsystem aktivierte und fortan durch Abhärtung stärkte. Er recherchierte weiter und half nach und nach damit seinen kranken Mitmenschen mit einer Kombination seiner 5 Elemente, bis sich irgendwann schließlich seine gesundheitliche Expertise herumgesprochen hatte und ein regelrechter Pilgerstrom von erkrankten Menschen nach Bad Wörishofen in Bayern einsetzte, wo Kneipp bis zuletzt arbeitete und letztendlich bis zu seinem Tode praktizierte.

In Kureinrichtungen wird auch heute noch immer mit entsprechenden Kneippschen Behandlungen gearbeitet, wenngleich Kneipp grundsätzlich nicht der „Erfinder” von Wasseranwendungen war. Diese Heilmethode geht über diverse Wasserheil-Experten sogar bis zu der Existenz von Hippokrates zurück, der um 400 v. Chr. praktizierte.

Gerade die wasserbasierenden Kältereize haben eine starke, immunologische und durchblutungsfördernde Wirkung. Dabei ist es wichtig, dass die Temperatur so niedrig ist, dass auch ein effektiver, thermischer Reiz gewährleistet wird. Meistens wird eine Temperatur von 16 bis 18°C Celsius gewählt, unter 15°C gilt sie bereits als „sehr kalt”.

Die berühmteste Kaltwasseranwendung, die man prima selbst durchführen kann und die sehr bekannt und weitverbreitet ist, dürfte das sogenannte “Wassertreten” sein. Sicherlich habt ihr auf Städtetrips oder Wanderungen schon einmal Kneipp’sche Anlagen oder Wassertretbecken gesehen. Manchmal gibt es sogar natürliche Tretstellen in Bächen.

Im Internet gibt es eine Liste mit Kneipp-Tretbecken in Deutschland, sortiert nach Bundesländern. Auf dem Foto seht ihr mich bei der Schwefelquelle in Wendthagen (bei Stadthagen) im Bückeberg.

Beim Wassertreten ist die Höhe des Wasserspiegels im Bereich von der Mitte der Wade bis knapp unter dem Knie angesiedelt. Die Beine sind mit jedem Schritt ganz aus dem Wasser herauszuheben — im Storchengang. Diese Art der Anwendung sollte so lange ausgeführt werden, bis ein deutlicher Kältereiz wahrgenommen wird, in der Regel zwischen 30 Sekunden und 3 Minuten. Ein Handtuch ist anschließend nicht vonnöten, denn hinterher werden die Füße nicht abgetrocknet, sondern lediglich mit den Händen abgestreift. Mit feuchten Füßen schlüpft man wieder in die Socken und Schuhe und sorgt durch Bewegung für eine intrinsische Wiedererwärmung. Das Wassertreten hilft bei Krampfadern oder Venenschwäche, bei hohem Blutdruck, zur Entspannung und fördert einen guten Schlaf. Daher ist diese Anwendung gegen Nachmittag oder frühen Abend angeraten.

Im Allgemeinen sorgen äußerliche Wasseranwendungen (präventiv, aber auch therapeutisch eingesetzt) für eine Steigerung der Leistungsfähigkeit, sie verbessert das Körperbewusstsein, regen natürlich die Abwehrkräfte an und wirken harmonisierend auf das Nerven- und Hormonsystem, sowie die Psyche. Dabei macht sich unser Organismus das Prinzip der Ausgleichsreaktion zunutze: Wir warmblütigen Menschen reagieren empfindlich auf thermische Reize, sodass der Körper auf diese Temperaturschwankungen entsprechend reagiert. So werden eine Vielzahl von Reaktionen provoziert, die zudem noch einen positiven Einfluss auf den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System haben.

Besonders zu empfehlen ist auch das Tautreten, das man sehr gut das ganze Jahr hindurch gleich frühmorgens, barfuß über die Wiese gehend, anwenden kann. Besondere Reize erhält man, wenn Reif oder sogar Schnee die kurzen Gräser bedeckt. Nach Möglichkeit können hinterher warme Socken und ein kuscheliges Bett für die nötige Wiedererwärmung sorgen. Zur Anwendung von kalten Güssen, wie Kneipp es selbst mit der Gießkanne tat, gibt es spezielle Gießrohre, die an die Duschschläuche angebracht werden können. Beim Kneippschen Guss ist darauf zu achten, dass ein breiter Wasserfilm die Haut herunterrinnt. Dazu gibt es aber auch spezielle Techniken (z. B. immer herzfern zu beginnen), die der Kneippbund im Internet zur Recherche bereithält. Hier gibt es viele Tipps zu diversen Erkrankungen nach Kneippscher Heillehre.

Kneippst du schon?

Herzlichst,
Brinja

 

www.brinja-weiglein.de
facebook.com/brinja.weiglein
Instagram @brinjaweiglein_personaltrainer