Schönheit allein reicht nicht: Im Theater zählen auch innere Werte. Vor allem die Technik im denkmalgeschützten Mindener Stadttheater – erbaut in den Jahren 1906 bis 1908 – ist in die Jahre gekommen. Gleichzeitig sind Anforderungen an Arbeits- und Brandschutz gestiegen. Um dem Rechnung zu tragen, möchte die Stadt Minden ihr Theater für insgesamt 9,7 Millionen Euro sanieren. Moderne Theatertechnik soll in alten Mauern einziehen, das Ziel hat sich die Stadt Minden für das Jahr 2022 gesetzt. Die Sanierung sei unverzichtbar für einen modernen Spielbetrieb.

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Sieben Monate soll der Umbau dauern, vom 4. April bis zum 31. Oktober 2022. Dieser Zeitrahmen sei „sehr eng“, aber nach Abschätzung des Planers grundsätzlich machbar. Unvorhergesehene Probleme im Bauablauf – wie zum Beispiel Firmeninsolvenzen – werden allerdings kaum aufzufangen sein. Hinzu kommt: Der Bauboom in Deutschland lässt die Preise für Bauarbeiten weiter in die Höhe schnellen. Darum benötigt der Umbau eine enge und zielgerichtete Projektsteuerung sowie einen detailliert abgestimmten Bauablaufplan. Einen Beschluss des Kulturausschusses hat die Verwaltung allerdings noch nicht: In der Sitzung am Montagabend meldete die CDU Beratungsbedarf an. Nun soll noch in diesem Jahr ein Bedarfstermin gefunden werden.

Stadttheater MInden
Foto A.Loschen

Es geht nicht nur um Licht und Ton: Theatertechnik ist eine komplexe Angelegenheit. Hinzu kommt: „Eine präzise Kostenplanung ist in Bestandsbauten wie im Theater und auch im Rathaus deutlich schwieriger als bei einem Neubau“, machte Jörn Schunk (Leitung Gebäudewirtschaft) im Ausschuss deutlich. Aktuell gibt es wenige Planungsbüros, aber viele Bauprojekte: „Da hatten wir wenig Einflussmöglichkeiten. Der Preis wäre auch mit einem anderem Planer hoch gewesen.“ Weil es eine komplexe Planungsaufgabe ist, hat sich die Stadt Minden einen Generalplanungsauftrag an ein Heidelberger Büro vergeben, dem eine „ausgewiesene Expertise im Bereich von Veranstaltungsstätten“ bescheinigt wird.

Die geplante Sanierung sei „elementar wichtig und zwingend notwendig“, heißt es in der Beschlussvorlage. Vieles davon bleibt für den Besucher unsichtbar, aber für das Personal enorm wichtig. Wo sich die technischen Defizite im Theaterbetrieb aktuell bemerkbar machen, erklärt Michael Kohlhagen (Technische Leitung) an zwei Beispielen. Erstens: Der angestammte Platz im dritten Rang reicht für die Regie nicht mehr aus. Das „Kabuff“ dort oben ist zu klein für die zwei bis vier Techniker, die sich bei einer Veranstaltung dort aufhalten. Eine Belüftung fehlt in dem kleinen fensterlosen Raum ebenfalls. Das sei nicht nur zu Corona-Zeiten ein Problem, sondern auch grundsätzlich aus Gründen des Arbeitsschutzes heute nicht mehr vertretbar, so Michael Kohlhagen. Darum haben die Techniker schon seit einiger Zeit einen provisorischen Regieplatz hinten im Saal eingerichtet. Dorthin soll die Regie im Zuge der Sanierung umziehen.

Stadttheater MInden

Zweitens: Nicht mehr zeitgemäß sind auch die Handkonterzüge, die zur Bühnentechnik gehören und manuell bedient werden. „Damit werden Bühnenbilder dargestellt, zum Beispiel eine Häuserwand.“ Die eingehängten Bühnenbildteile können bis zu maximal 300 Kilogramm wiegen und müssen über Umlenkrollen mit Gegengewichten ausgeglichen werden. Das passiert im Mindener Stadttheater tatsächlich noch manuell: Die Techniker stapeln eckige Gewichte (12,5 Kilogramm) per Hand aufeinander. Die Bedienung der Handkonterzüge ist also ein echter Knochenjob und entsprechend personalintensiv. Zudem bestehe dort eine Gefahrenquelle für die Schauspieler, die sich ja unter dem Bühnenbild bewegen. „Und immer weniger Techniker kennen sich überhaupt damit aus“, sagt Michael Kohlhagen. Denn benachbarte Theater, zum Beispiel in Bad Oeynhausen oder Bielefeld, hätten die Handkonterzüge schon vor Jahren durch Maschinenzüge ersetzt.

Geplant ist die Sanierung so, dass in den Spielzeiten 2021/22 sowie 2022/23 ein verkürzter Spielbetrieb anstünde. Eigenproduktionen ermöglichen eine gewisse Flexibilität, weil – im schlechtesten Fall – keine Vertragsstrafen gezahlt werden müssten. An etwa 170 Abenden im Jahr öffnet sich der Vorhang während einer normalen Spielzeit. Das Programm ist vielseitig: Gastspiele aus den Bereichen Oper, Schauspiel, Musical, Tanz, Konzerte oder Eigenproduktionen zeihen unterschiedliche Zielgruppen an.

Von Anja Peper