Von Carsten Korfesmeyer

Glück, Zufriedenheit, Erfolg und viel innere Ruhe? Ausgerechnet mit Kampfkunst will Jürgen Schwerdtmann den Menschen dazu verhelfen. 1980 war er erster Vovinam-Trainer überhaupt und seither ist er hauptberuflich auf diesem Gebiet unterwegs. 61 Jahre alt ist der Mann aus Südhemmern inzwischen und der innere Einklang von Körper und Geist bildet nach wie vor den Mittelpunkt seines Alltags. „Leider geht es in unserer Gesellschaft immer aggressiver zu“, sagt er. Zu tun gebe es für ihn daher genug. Mit seiner Schule zielt er aber generell auf das ab, was Menschen wieder „erdet“. Denn Vovinam richte sich an alle, die einen hohen Stresspegel haben und ihn wieder herunterfahren möchten. „Oder einfach mehr Gelassenheit erzielen möchten“, sagt der Mann, für den sein Beruf erkennbar Berufung ist.

Mit seiner Kampfkunst will Jürgen Schwerdtmann grundsätzlich die Lebensqualität fördern und er weiß, dass unsere schnelllebige Zeit genau das häufig immer komplizierter macht. Die Folgen spüre man in der Gesellschaft, sagt er. Menschen seien reizbarer, unausgeglichen oder mit sich und der Welt einfach nur unzufrieden. Woran es beispielsweise liegen mag, dass heutzutage gerade junge Menschen allgemein ein höheres Aggressionspotenzial haben, mag der Vovinam-Coach nur mutmaßen. Grundsätzlich sei es ruppiger, hemdsärmeliger und rauer geworden. Dem hält er in seinen Kursen entgegen, in denen es um respektvollen Umgang und ein Miteinander geht. Im Sommer trainiert er auf dem Bierpohlsportplatz, ansonsten in den Räumen des PS-Sportzentrums in der Kutenhauser Straße 155 A. Donnerstags sind ab 17 Uhr die Kinder an der Reihe, Montag um 19 Uhr die Erwachsenen und der Kurs für die Einsteiger ist freitags um 10 Uhr.

Kurse für Kinder, Fortgeschrittene und Einsteiger

„Ich bin inzwischen viel ausgeglichener geworden“, sagt beispielsweise sein Schüler Massimo Catalano, für den Vovinam so etwas wie ein Ventil bei seinen meist langen Arbeitstagen ist. Der 56-Jährige spürt inzwischen weniger Stress und er hat so viel Gefallen am Vovinam gefunden, dass er sich seit einiger Zeit selbst bei dem Südhemmeraner als Trainer ausbilden lässt. „Ich bin schon in der dritten Meisterstufe“, sagt er. Zusammen mit anderen aus seiner Trainingsgruppe nimmt er regelmäßig an den Kursen teil. Dort geht es kampfsporttechnisch zwar durchaus zur Sache, vor allem aber herrscht Sportsgeist und ein auffällig höfliches, nettes Miteinander.

Das will der Coach auch so. Jürgen Schwerdtmann wirkt wie ein Typ, der Menschen schnell für sich gewinnen kann. Ihm gelingt es nach eigenen Worten rasch, das Interesse zu wecken und die Philosophie hinter seiner Kampfkunst zu vermitteln. „Es geht in erster Linie um den gegenseitigen Respekt“, sagt er. Jeder grüßt zu Beginn des Unterrichts den anderen und nahezu von allein entstehe so ein positiver Einfluss. Um den geht es und im Gespräch zeigt sich, dass die Kampfkunst ihren Weg in nahezu alle Bereiche des eigenen Lebens bahnen kann. Man lerne den höflichen Umgang miteinander oder tanke Selbstbewusstsein. „Weil ich weiß, dass ich mich verteidigen kann“, sagt er.

Wie ein roter Faden zieht es sich weiter und Jürgen Schwerdtmann spricht davon, dass durch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten auch berufliche oder schulische Herausforderungen einfacher gemeistert werden könnten. Positives Denken führe Menschen nahezu automatisch auf die Erfolgsspur. „Weil man das Gefühl besitzt, dass man sich auf sich verlassen kann.“

Positive Einflüsse aufs körperliche und seelische Gleichgewicht

Vovinam habe auch sein Leben immer beeinflusst, sagt der Mann, der zugleich Vorsitzender des Deutschen Meisterkomitees ist und selber Trainer ausbildet. Seit jeher übt er den Beruf aus und etwas anderes zu machen, kam nie infrage. Seine Ehefrau ist auch als Trainerin aktiv und beide haben sich vor Jahrzehnten durch Vovinam kennengelernt. Mit 14 habe er den Sport für sich entdeckt und aus Jürgen Schwerdtmann spricht so etwas wie Leidenschaft. Drei entscheidende Ziele habe seine Kampfkunst: Dazu zählt die Verteidigung, aber ebenso geht es um die Förderung der eigenen Gesundheit und körperliche Mobilität. „Mit dem Ziel einer inneren Geborgenheit.“

Jürgen Schwerdtmann spricht viel über Werte und Umgangsformen, dabei geht es bei Vovi­nam doch auch um das körperliche Training. Das hat es in sich. Wer bei den Übungseinheiten zusieht, erkennt schnell, dass es viel um Fitness und Körperbeherrschung geht. „Man arbeitet mit der Kraft des anderen“, erklärt der Coach. So werde die Energie, die jemand bei einem Schlag setzt, ähnlich wie Strom aus der Leitung beim Gegenschlag genutzt. So etwas lerne man nicht von heute auf morgen, sagt er. Vielmehr sei es ein längerer Prozess, der womöglich auch nie zu Ende geht, weil selbst ein Vovinam-Meister immer noch dazulernt. „So wie es ja immer im Leben ist“, sagt er.

www.vovinam-minden.de

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